Webwecker Bielefeld: Mädchen

Plätschert so dahin



Das Mädchen aus dem Wasser

Von Harald Manninga

Er gilt seit seinen großen Erfolgen vom Kaliber »The Sixth Sense« und »Signs« als einer der ganz großen Hollywood-Regisseure. Und das auch mit Recht, denn es gelingt wirklich kaum einem anderen der heutigen Großen so gut und leichtfüßig wie M. Night Shyamalan, mit ganz geringen Mitteln und einer fast nur auf Andeutungen basierenden Dramaturgie eine kleine aber spannende Geschichte fesselnd, sogar hie und da angsteinflößend zu erzählen, und sie auch wenn sie nur aus einem einzigen Grundgedanken besteht zu einem echten Kinoerlebnis auszubauen.

Jedenfalls war das bisher so. Mit dem »Mädchen aus dem Wasser« klappt das leider nicht ganz so gut, dafür ist das – natürlich wieder einmal ziemlich märchenhafte – Geschichtchen, das er hier zu erzählen versucht, denn doch ein wenig zu blutleer.


Der etwas duckmäuserische Cleveland Heep (hervorragend gespielt von Paul Giamatti) lebt und arbeitet als Hausmeister in einem Appartment-Komplex mit Swimmingpool. Die Mieter sind durch die Bank leicht durchgeknallt: sei es die alte Dame, die Tiere sammelt; eine Kiffer-WG, die trotz Rauchverbot in der Wohnung quarzt, was die Tüte hergibt; ein alleinerziehender Vater, der sich auf eine Weltkarriere als Großmeister im Kreuzworträtseln vorbereitet, während sein Sohn in den Farben von Cornflakes-Schachteln liest wie andere Leute in Büchern. Und auch der neuzugezogene Kulturjournalist ist wohl nicht ganz von dieser Welt.

Seit einiger Zeit scheint irgendwer verbotenerweise nachts im Pool zu baden. Cleveland legt sich auf die Lauer, um den Bösewicht zu erwischen und zur Rede zu stellen. Dabei begegnet er dem Mädchen Story (Bryce Dallas Howard), das außerdem eine solche mit sich bringt. Sie ist nämlich ein Narf, eine Art Nymphe, die erstens einen ganz bestimmten Menschen treffen muss, um die Weltgeschichte zum Guten voranzutreiben, zweitens ganz dringend zu ihrem Volk zurück. Cleveland macht sich auf, das Rätsel, das das Mädchen umgibt, zu entschlüsseln.


Fast ganz in gewohnter Shyamalan-Manier wird hier mit wenigen Kunstgriffen und einer handvoll geschickt verteilter Andeutungen eine unheimelige Atmosphäre erzeugt, die, wie bei Shyamalan üblich, das wahrlich Unheimliche gerade noch so eben verfehlt und gerade dadurch wirken kann, weil sie durch einige Einsprengsel von nahezu genialen Pointen und sozusagen teuflisch überraschend angebrachten kleinen Knalleffekten durchbrochen wird.

Dennoch will bei diesem Film keine rechte Spannung aufkommen und der Zuschauer wird nicht ernstlich in die Geschichte hineingezogen oder gar von ihr gefesselt. Die besagte Shyamalan-Manier, die bei seinen bisherigen Filmen gerade das Besondere ausmachte, hat sich anscheinend inzwischen wirklich als Manier etabliert, und dieser Manierismus wirkt dann wie jeder andere auch, nämlich vergleichsweise langweilig.

Es war wohl auch keine so gute Idee, dass Shyamalan in diesem Film selbst als Schauspieler eine Schlüsselrolle übernommen hat, mit der er sich etwas übernommen hat. Wohingegen die anderen Rollen, von denen es diesmal erstaunlich viele gibt, fast durch die Bank sehr treffsicher besetzt sind. Allen voran Bryce Howard in der Rolle der Nymphe, die sich allem Anschein nach sehr an der Rolle, die Milla Jovovich in »Das fünfte Element« abgab, orientiert hat. Wie sie diesen wirklich steinerweichenden Dackelblick bei blassem Gesicht angesichts der Überforderung des Wasserwesens durch seine Aufgabe in der Welt der Menschen hinbekommt, das hätte nicht jede so hingekriegt. Und die behutsame Wandlung zurück zu einem selbstständigen, selbstbewussten Menschen, die Cleveland durchläuft, ist eine sehr sehenswerte Leistung von Paul Giamatti (»Sideways«).

Dennoch ist dies wohl der schwächste Film, den Shyamalan bisher geliefert hat.