Webwecker Bielefeld: AStA kritisiert Staatsschutz (06.09.2006)

AStA kritisiert Staatsschutz (06.09.2006)



Wie in der vergangenen Woche berichtet, hat die Staatsschutzabteilung der Bielefelder Polizei ein studentisches Mitglied der Lehrkommission der Universität erkennungsdienstlich behandelt. Nach Angaben des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) wurden noch mindestens zwei weitere Gebührengegner zu einer solchen Behandlung abgeholt. Die Studierendenvertretung kritisiert die Maßnahmen, durch sie würden Studierende instrumentalisiert und kriminalisiert. Unterdessen ist es einem bei Indymedia veröffentlichten Schreiben zufolge erneut zu einem Brandanschlag in der Universität gekommen, außerdem sei das Rechenzentrum »lahm gelegt« worden.

 

Von Mario A. Sarcletti

Neben Brandstiftung und Sachbeschädigung ermittelt die Staatsschutzabteilung der Bielefelder Polizei nach den heftigen Protesten gegen die Einführung von Studiengebühren an der Universität auch wegen schweren Hausfriedensbruchs. Grund ist, dass Studierende während der Senatssitzung am 12. Juli durch ein Bürofenster in den von Wachleuten abgeriegelten Trakt der Universität eindrangen, in dem die professoralen Senatoren die Einführung von Studiengebühren zum Wintersemester beschlossen. Mindestens drei Studierende seien in diesem Zusammenhang zur erkennungsdienstlichen Behandlung abgeholt worden, teilte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) in der vergangenen Woche mit. »So werden Studierende, die bei der Senatssitzung vom 12. Juli von ihrem Recht auf Teilnahme an einer öffentlichen Sitzung Gebrauch machen wollten, instrumentalisiert und kriminalisiert«, kritisiert der AStA in einer Stellungnahme.

Er hält es für ein legitimes Anliegen, dass die Studierenden an einer öffentlichen Sitzung teilnehmen wollten. Der Staatsschutz habe daraus aus ermittlungstaktischen Gründen »schweren Hausfriedensbruch« konstruiert. »Eine solche Anzeige hat jedoch nur bei Vorsatz zur Gewaltanwendung ihre Berechtigung«, heißt es vom AStA. »Der Staatsschutz bewegt sich mit seiner Ermittlungstaktik am Rande der rechtstaatlichen Mittel«, meint Anna Nigbur, Referentin für Hochschulpolitik. Der Staatsschutz wolle ein Klima der Angst erzeugen um die Studierenden einzuschüchtern.

Der AStA kritisiert in diesem Zusammenhang auch das Rektorat. Während die Studierendenvertretung keinen Zusammenhang zwischen dem Versuch, an der Senatssitzung teilzunehmen und den Brandanschlägen in den Wochen danach sieht, habe die Hochschulleitung die Vorfälle gemeinsam angezeigt. »Bei der Schwere des Vorwurfes der Brandstiftung und den möglichen Konsequenzen für die Studierenden kann das Vorgehen des Rektorats als bestenfalls unbedacht bewertet werden«, kritisieren die Studierendenvertreter.  Laut der Neuen Westfälischen vom Samstag verwehrt sich der Leiter des Staatsschutzes, Dirk Butenuth gegen die Vorwürfe. Man mache nur seine Arbeit, wird Butenuth in dem Artikel zitiert. Alle Maßnahmen seien im Auftrag der Staatsanwaltschaft erfolgt.

Unterdessen behauptet eine Kampagne »Wir zahlen nix« bei Indymedia, dass es erneut zu einem Brandanschlag »und mehreren kleineren Aktionen« gekommen sei. Das Rektorat habe jedoch eine Nachrichtensperre verhängt um Nachahmungstaten zu verhindern, heißt es in dem  Text. Außerdem habe eine Gruppe namens »Arm aber nicht mittellos« die Server des Rechenzentrums für 28 Stunden lahm gelegt. Tatsächlich war die gerade in einer Studie von Mainzer Psychologen als exzellent ausgezeichnete Homepage der Universität am vergangenen Donnerstag über längere Zeit nicht erreichbar. Nach Angaben von »Wir zahlen nix« sei die Attacke auf den Uni-Server auch eine »kreative Antwort auf Repressionen durch Rektorat uns Staatsschutz«. Durch dessen Ermittlungen »wachse die Bedeutung und Notwendigkeit ›virtueller Protestformen‹«, heißt es bei Indymedia.

Am Montag dementierte der Leiter des Rechenzentrums, Frank Klapper, im Diskussionsforum der Universität hingegen, dass ein Angriff von außen für den Rechnerausfall verantwortlich war. Verantwortlich hierfür sei vielmehr ein Softwarefehler des zentralen Netzwerkrechners gewesen.