Webwecker Bielefeld: Bürgerfunk ohne Hörer (22.11.2006)

Bürgerfunk ohne Hörer (22.11.2006)



Von Manfred Horn

Eine Abschiebung in eine »bedeutungslose Randnische« sieht Jörg Scholz, Leiter der Radiowerkstatt der Bürgerwache, in dem Plan der Landesregierung, den Bürgerfunk zeitlich in die Abendstunden zu verschieben. Die Landesregierung wolle, dass der Bürgerfunk nur noch eine Stunde pro Tag sendet, und zwar ab 20 Uhr, abweichend sogar erst ab 22 Uhr. Mit genauen Informationen hält die Landesregierung sich bisher aber zurück.

Zur Zeit sendet der Bürgerfunk landesweit höchst unterschiedlich. Die örtlichen Bürgerfunkgruppen einigen sich mit dem jeweiligen Lokalfunk in sogenannten Konsensgesprächen. Nach einer Studie des Institus für Informationswissenschaft vom Februar 2006 liegt die tägliche Bürgerfunk-Sendezeit in NRW zwischen zwei Stunden in Aachen und zehn Minuten im Kreis Erfurt. In Bielefeld ist der Bürgerfunk auf den Frequenzen von Radio Bielefeld zu hören, an den meisten Wochentagen ab 20.04 Uhr, am Wochenende ab 18.04 Uhr. Die tägliche Sendezeit pendelt zwischen null Stunden am Donnerstag bis zu drei Stunden freitags und sonntags.

Bürgerfunk ist seit mehr als 15 Jahren Bestandteil der nordrhein-westfälischen Medienlandschaft. Im Laufe der Jahre wurden die Bedingungen für den Bürgerfunk jedoch zunehmend verschlechtert. So sendete der Bürgerfunk in den 1990ern in Bielefeld noch täglich um 18.04 Uhr und hatte einen Sendeanteil bei Radio Bielefeld von 15 Prozent. Danach wurden die Anfangszeiten umgestellt, so dass nun der Bürgerfunk an den meisten Tagen erst um 20.04 Uhr beginnt.

Spätere Sendezeiten aber bedeuten weniger Zuhörer. Radio ist ein Nebenbei-Medium. Die meisten Mediennutzer machen es sich abends auf der Couch gemütlich und schauen TV. In den Abendstunden sinkt die Nutzung des Radios rapide. Sollte die Novelle des Landesmediengesetzes wie geplant kommen, ist dies schlecht für die rund 2.000 Bürgerfunkgruppen landesweit. »Aktive Bürgerfunker werden demotiviert, für Neueinsteiger wird das Medium gänzlich uninteressant«, protestiert der Landesverband Bürgerfunk (LBF).


»Notfalls juristisch einfordern«

Der Landesverband fordert ein »Recht auf Meinungsvielfalt und Teilhabe an diesem öffentlichen Medium, das mehr als  Wirtschaftsgut ist«. Dieses Recht werde man notfalls juristisch einfordern. Der Bürgerfunk stehe für bürgerschaftliche Beteiligung, die mit der Novellierung des Gesetzes mit Füßen getreten werde. Demgegenüber bemängelt die Studie des Instiuts für Informationswissenschaft, dass der Bürgerfunk wenig experimentierfreudig sei und die Formatangleichung zum kommerziellen Lokalfunk suche. Viele Radiogruppen spielten Musik, nur wenige machen sich die Mühe, aufwendige Features zu produzieren. Eine Argumentation, die auch gedreht werden kann: Drängen doch gerade die privaten Lokalradios auf Bürgerfunk in ihrem Programm, der glatt durchläuft. Dennoch sei das Programmangebot des Bürgerfunks vielfältig und als Ganzes betrachtet besser als sein Image, heißt es in der Studie weiter.

Die Bürgerfunkgruppen fürchten nun, dass die Landesregierung eine entsprechende Änderung des Landesmediengesetzes bereits am 30. November durch den Hauptausschuss bringen will. Die Landesregierung argumentiert mit Wirtschaftlichkeit, will heißen, die Lokalradios sollen möglichst viel verdienen können, die Bürgerfunkler sollen nur noch dann senden, wenn eh kaum noch jemand Radio hört und entsprechend auch keine Werbeplätze mehr zu verkaufen sind. Sollte die Verbannung des Bürgerfunks in die Abendstunden durchkommen, stünde als nächstes wohl eine Umverteilung des Geldes an. Das Volumen könnte umverteilt werden, zuungunsten der meisten Radiowerkstätten.

 

Eine Unterschriftenliste zur Unterstützung des Bürgerfunks ist zu finden auf der Seite: www.lbf-nrw.de/unterschriftenliste/index.php

Mehr Infos unter: www.lbf-nrw.de/index.php