Webwecker Bielefeld: Arge Trüffelsucher (20.12.2006)

Arge Trüffelsucher (20.12.2006)



Von Manfred Horn

Die gemeinsame Präsentation der »Argen« in Ostwestfalen endete mit dem Satz: »Wir haben keine Angst vor der Zukunft!«. Böse Zungen könnten nun behaupten: Brauchen sie auch nicht, denn Arbeitslose wird es weiter reichlich geben. »Argen«, das sind die SGB-II-Träger, in kommunaler Hand oder gemischt geführt von Kommune und Bundesagentur für Arbeit. Sie sind mit dem 1. Januar 2005 entstanden, als Hartz IV eingeführt wurde. Mit Hartz IV kam auch das SGB-II, das entsprechende Sozialgesetzbuch, das alles regeln soll.

Ein Großteil der Arbeitslosen wird durch die Argen verwaltet. In der Regel kommt ein Arbeitsloser, sollte er länger als ein Jahr ohne Beschäftigung sein, in eine der Argen, in Bielefeld heißt sie »Arbeitplus«. Dort werden auch diejenigen betreut, die ganz offiziell nicht als erwerbsfähig eingestuft werden und Sozialgeld erhalten. Die Bedingungen sind bekanntlich mies: Das Arbeitslosengeld-II, das ausgezahlt wird, reicht hinten und vorne nicht. Zudem können die Argen, auch bei wachsender Wirtschaft, kaum Arbeitsplätze vermitteln. Wenn überhaupt etwas angeboten wird, dann sind es unsichere und schlecht entlohnte Jobs bei Leiharbeitsfirmen.

Bei der Pressekonferenz stellten die Argen die Jahreszahlen 2006 vor. Demnach gibt es in OWL gut 75.000 Bedarfsgemeinschaften, also Haushalte, in die ALG-II gezahlt wird. Die Zahl ist rückläufig, in der Spitze waren es im Sommer fast 90.000. Übersetzt in ALG-II Empfänger sind dies rund 155.000 Menschen, die im November 2006 Geld von den Argen erhielten. In den Arbeitsmarkt können davon monatlich zumindest vorübergehend 2.000 bis 3.000 Menschen integriert werden. Die Kommunen sind an den Kosten beteiligt: Alle zusammen in OWL wenden rund 25 Millionen Euro jährlich auf. Vom Bund kommen hingegen rund 37 Millionen Euro.

Da der Arbeitsmarkt nicht rund läuft, haben sich die Argen in OWL nun sieben »Trüffelsucher« angeschafft. Sie ziehen durch die Büros von Unternehmen oder hängen am Telefon, um Arbeit für Langzeitarbeitslose zu finden. Bis zu zwei Jahre übernehmen die Argen dabei komplett die Sozialversicherungskosten des Bruttolohns.

Die Löhne müssen dabei über fünf Euro liegen, dürfen acht Euro aber nicht überschreiten, sonst gibt es keine Förderung durch die Argen. Dieses Niedriglohnmodell soll schlecht Qualifzierten den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Da es sich auch um ein Kombilohnmodell handelt – die Argen zahlen rund die Hälfte des Lohns – hat dieses Modell jedoch auch unangenehme Auswirkungen auf regulär Beschäftigte. Die werden nämlich unter Umständen verdrängt, weil die Kombilöhner einfach billiger sind. Ob die dann nach zwei Jahren übernommen werden, steht zudem noch auf einem ganz anderen Blatt. Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gelingt nur jedem sechsten Geringverdiener der Sprung in einen besser bezahlten Arbeitsplatz. Damit ist Deutschland Schlusslicht in Europa.