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»Gestalten statt verwalten« (Teil 2)



Nicht nur deshalb sei die Laborschule »nicht die beste Schule der Welt«, sagte Tillmann. Die Schule habe aber neben vielem Gewöhnlichen auch Ungewöhnliches zu bieten. Einen Ball, den Cornelia Stern, auf dem Podium als Projektleiterin ›Bildung‹ bei der Bertelsmann-Stiftung gerne aufnahm. Sie kennt »Schulen in Bewegung« auch im internationalen Vergleich. Die Laborschule sei außer Frage eine »außerordentliche« Schule, aber nicht die einzige. Auf eine Ausschreibung der Bertelsmann-Stiftung hätten sich bundesweit über 300 Schulen gemeldet, die Reformanstrengungen unternommen haben. »Es gibt in Deutschland inzwischen viele Schulen, die sich alleine auf den Weg gemacht haben«. Jenseits des Mikrokosmoses, dem, was die einzelnen Schulen an Schritten unternehmen, gebe es aber auch Rahmenbedingungen, die sich ändern müssten. Lobend erwähnte Stern das Projekt ›Selbstständige Schule‹, welches das Land im vergangenen Jahr startete und an dem sich die Stadt Bielefeld auf Grund einer politischen Ablehnung der Ratsmehrheit nicht beteiligt.

»Gestalten statt Verwalten« nannte Sylvia Löhrmann, als Fraktionsvorsitzende und schulpolitische Sprecherin der Grünen im NRW-Landtag auf dem Podium, die schulpolitische Richtung. Sie nannte einige Beispiele, bei denen die rot-grüne Regierung Schritte bereits unternommen habe: Neben der ›Selbstständigen Schule‹ vor allem das Finanzierungsprogramm von Schulgebäuden, hier fließen auf einige Jahre verteilt 250 Millionen Euro an die Kommunen. Als weiteren Punkt nannte sie das reformierte Lehrerausbildung: »Es dauert aber, bis die neuen Lehrer in die Schule kommen«, sagte Löhrmann. Sie betonte zudem, das Land bräuchte mehr Ganztagsschulen und auch – schrittweise – die Ganztagsschule im Primarbereich. Die ganztätige Grundschule solle bis 2007 auf ein Viertel der 3.000 Grundschulen im Land ausgeweitet werden. Ein Punkt, der für dezenten Widerspruch sorgte, weil die heutigen Hort-Angebote, die ein Betreuungsangebot an Schulkinder am Nachmittag machten, gute Arbeit leisteten und auch einen guten Stellenschlüssel haben, wie es Godejohan formulierte. Löhrmann sagte auch, was als nächstes kommen müsse: Die Eingangsphase in Schule müsse flexibler gestaltet werden. Zwar halte man am Eingangsalter von sechs Jahren fest, doch die ersten »ein bis drei« Jahre könne es eine flexible Eingangsstufe geben. Altersgemischte Klassen also, die die Laborschule bereits seit langem kennt. Auch verwies Löhrmann auf die Notwendigkeit, Grundschulkinder von den Erfahrungen des Versagens und Sitzenbleibens zu befreien: »Wir müssen die Hürden für ein Zurückstufen höher hängen«. Grundsätzlich stimmt Löhrmann für »Support-Strukturen statt Bestrafungsstrukturen«.

Bedenklich stimmte Löhrmann, dass es nur eine diffuse Diskussion in der Gesellschaft über Bildungsstandards gebe. Es werde immer mehr drauf gepackt, aber niemand sage, was die Schule nicht mehr machen soll: »Es geht aber darum, erreichbare Ziele für Kinder und Jugendliche zu formulieren«. Die Idee: Eine Schule für alle Kinder. Ein Ansatz, den die Bildungsforschung international bestätigt, der in Deutschland mit dem gliedrigen Schulsystem noch auf Skepsis stößt. Die Grünen könnten nicht automatisch alle Reformideen umsetzen, eine »Bewegung von unten« sei nötig.