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Demokratische Errungenschaft mit engem Gürtel (Teil 2)



Aber auch die Schule nutzt die Stadtteil-Bibliothek: Zur Zeit arbeitet die Klasse 3a zum Thema Wasser, selbstverständlich werden da Bücher aus der Bibliothek mit in den Unterricht einbezogen. Entweder gehen die Lehrer dorthin und holen thematische Bücherkisten oder sie gehen gemeinsam mit den Kindern. Die Bibliothek liegt gerade einmal fünf Minuten zu Fuß von der Schule. »Besuche in der Bibliothek sind Bestandteil des Lehrplans«, sagt Lehrerin Roggendorf. Besonders hebt sie das Engagement der Bibliotheks-Mitarbeiterin Simone Gittel hervor, die einen gut sortierten, überschaubaren Schwerpunkt mit Kinder- und Jugendbüchern aufgebaut habe.

»Wir haben den Bereich der Kinder- und Jugendbücher neu konzeptioniert«, erklärt Dorothea Harre, Leiterin der Stadtteilbibliotheken, dazu. Das neue System ist ab Ende Februar 2003 gültig und orientiert sich an Themenkreisen und Unterrichtsfächern, so wie es Schüler gewohnt sind. Statt »Literaturwissenschaft« klebt jetzt »Deutsch« auf den Büchern. »Wir haben umgedacht und es jetzt so organisiert, wie Kinder es haben wollen«, sagt Harre. Immerhin 75 Prozent des Bestandes oder 15.000 Bücher sind dem Bereich Kinder- und Jugendbuch zugeordnet, schließlich ist die Altersklasse der bis 13-jährigen Hauptnutzer der Bibliothek in Heepen. Die Neukonzeptionierung begann bereits im Herbst 2002, also bevor eine Schließung der Bibliothek in den nächsten drei Jahren im Raum stand. So weist Harre auch weit von sich, die Neukonzeptionierung sei ein Schritt gegen die Schließung.

Sollte die Stadtteilbibliothek Heepen wirklich schließen, wird es für die Schule schwieriger: Gemeinsame Besuche mit den Kindern in der Bibliothek entfallen, die Lehrer müssten dann in der Zentralbibliothek ihre Bücherkisten zu Unterrichtsthemen zusammenstellen. In der Schule am Homersen selbst, die rund 200 Schüler in 13 Klassen aufsuchen, gibt keine eigene Bibliothek. Zwar finden sich in jeder Klasse einige Bücher, mehr als 30 sind es aber auf keinen Fall. Ohne Stadtteilbibliothek sieht Roggendorf die Lesekompetenz der Schüler gefährdet. »Lesefähigkeit ist die Basis für die Erschließung von Inhalten«, sagt sie. Und Bücher sind teuer: In Heepen gibt es zwar einen Buchladen, doch Roggenkamp gibt zu Bedenken, dass es sich ärmere Familien nicht leisten können, Bücher für ihre Kinder zu kaufen. Ihr kurzes Resümee: Ohne Stadtteilbibliothek werden die Kinder außerhalb der Schule weniger lesen. In ihrem Alter können sie nicht mal eben in die Innenstadt fahren, um nach Büchern zu gucken, sie sind noch nicht selbstständig genug, zudem sei durch die Busfahrten schnell das Taschengeld aufgebraucht.

Alle Schüler der Grundschule am Homersen haben inzwischen einen Bibliotheksausweis. Aufgeben wollen sie nicht. Sie haben eine Unterschriftenliste gestartet und inzwischen über 200 Unterschriften gesammelt. Auch überlegen die Schüler, für den Erhalt der Bibliothek zu demonstrieren. Helfen würde da vielleicht eine Fahrbücherei, die auch in Heepen Station macht. Doch der Büchereibus wurde bereits Anfang der 1990er eingestellt. Die Wiedereinführung eines Busses ist eine Idee, der Stadtbibliotheksdirektor Pilzer positiv gegenübersteht: »Den Bus bräuchte man wieder«. Er schätzt jedoch, dass eine fahrende Bücherei 250.000 Euro Kosten im Jahr verursachen würde. Und wo eine solche Summe herkommen soll, weiß er nicht.