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Behjat Moaali, Manuela Runge, Zerreiße den Schleier der Ohnmacht und Neil Belton, Die Ohrenzeugin. Helen Bamber. Ein Leben gegen die Gewalt



Titel: Zerreiße den Schleier der Ohnmacht Titel: Die Ohrenzeugin. Helen Bamber - Ein Leben gegen die Gewalt
Zwei Titel und drei Lebensgeschichten von Frauen, wie sie unterschiedlicher kaum sein können, dennoch haben sie etwas gemeinsam: ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, das Streben nach Unabhängigkeit und einen starken Willen. Zudem engagieren sich zwei von ihnen gegen Menschenrechtsverletzungen und ganz konkret für traumatisierte Opfer von Gewalt.

Behjat Moaali wird 1949 im Iran geboren, mit ihren neun Geschwistern wächst sie in einer liberalen, wohlhabenden Familie auf. Sie besucht die höhere Schule und arbeitet auch nach ihrer Eheschließung und der Geburt ihrer Kinder als Lehrerin weiter. Damit trägt sie nicht unerheblich zum Familieneinkommen bei. Nebenbei studiert Behjat Moaali Jura und arbeitet erfolgreich als Rechtsanwältin. Als ihre Pflichtverteidigerin lernt sie Tara kennen, eine etwa gleichaltrige Frau, die in einem abgelegenem Bergdorf geboren wurde. Tara musste früh auf den Feldern arbeiten, blieb Analphabetin. Nach dem Tod der Mutter wurde sie von ihrem Vater zwangsverheiratet, die Ehe war dennoch gut. Nach dem Tod ihres Mannes will sie für sich und ihre Kinder selber sorgen.

Doch die Dorfgemeinschaft, insbesondere der weibliche Teil, duldet keine unverheiratete, dazu noch schöne und selbstbewusste Frau: Tara findet keine Arbeit, keine Unterstützung, sie und ihre Kinder hungern. Die Situation wird immer auswegsloser und endet in einer Katastrophe: Tara wird des Kindesmords angeklagt, ihr droht die Todesstrafe. Behjat Moaali kämpft um das Leben Taras, die absurderweise erst im Gefängnis erfährt, was Selbstbestimmung und persönliche Freiheit sein kann: dort lernt sie lesen und schreiben.

Doch es gibt keine zweite Chance. Mittlerweile ist im Iran die Herrschaft der Mullahs angebrochen und das islamische Recht eingeführt, Behjat Moaali kann trotz aller Anstrengungen nicht verhindern, dass die Todesstrafe vollstreckt und Tara gehängt wird. Auch die Situation Behjat Moaalis wird immer schwieriger und gefährlicher, so dass sie sich Anfang der 90er Jahre entscheidet, aus dem Iran in die BRD zu fliehen. Ihr erster Asylantrag wird abgelehnt, allerdings klagt sie erfolgreich.

Seit dem Jahr 2000 ist sie deutsche Staatsbürgerin mit doppelter Staatsbürgerschaft. Ihr politisches Engagement führt sie bei "Refugio", dem Kieler Zentrum für Gewalt- und Folteropfer fort. "Zerreiße den Schleier der Ohnmacht" ist gerade aufgrund der Verknüpfung der unterschiedlichen Lebensgeschichten zweier Frauen in so gegensätzlichen Lebenssituationen lesenswert. Sowohl der islamisch regierte Iran unter Khomeini, aber auch das vom Westen unterstützte Regime des Schahs Resa Pahlawis werden eindeutig kritisch betrachtet. Polizei, Geheimdienstler und Folterer der ideologisch gegensätzlichen Diktaturen arbeiten sehr ähnlich, Menschenrechtsverletzungen sind alltäglich, allerdings verschärft sich unter Khomeini eindeutig die Situation der Frauen. Das 1967 vom Schah erlassene fortschrittliche Familienschutzgesetz wurde z.B. von den Mullahs ausgehebelt: Zwölfjährige Mädchen können wieder zwangsverheiratet werden, Männer die Vielehe führen oder sich ohne Angabe von Gründen scheiden lassen, geschiedene Frauen stehen gesellschaftlich im Abseits.