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Johanneswerk in der Krise (03.09.2003)



Sechs Millionen Euro Einsparung brauche man, sagt die Geschäftsführung des Johanneswerks. Einen Sparvorschlag der Mitarbeitervertretung lehnte man dennoch ab. Jetzt wird wohl anders gespart und ohne dass die Mitarbeitervertretung zustimmen muss.

Von Manfred Horn

Das Johanneswerk, größter diakonischer Arbeitgeber in Europa mit Sitz in Bielefeld, ist in der Krise. Verhandlungen darüber, wie die finanzielle Notlage beendet werden kann, sind in der vergangenen Woche seitens der Geschäftsführung für beendet erklärt worden.Das Johanneswerk beschäftigt alleine 2.400 MitarbeiterInnen in Bielefeld, ein großen Teil im Johanneskrankenhaus. Es ist wie andere Gesundheitseinrichtungen auch seit Jahren von Ausgaben-Einsparungen im Gesundheitsbereich betroffen.

Doch dass die Not so groß ist, war der Mitarbeitervertretung bis vor kurzem nicht bekannt. Erst seit Juli gibt es einen sogenannten Wirtschaftsausschuss auf freiwilliger Basis, in dem Zahlen genannt werden. Nach kirchlichem Recht – das Johanneswerk ist ein eingetragener Verein mit diakonischem Träger – ist ein solcher Ausschuss nicht vorgeschrieben, erst 2004 soll er verbindlich eingeführt werden. Zuvor war die Zahlenlage für die Mitarbeitervertretung (MAV) »ungenügend«, wie Jens Ortmann, Vorsitzender der MAV Johanneskrankenhaus und Mitglied der Gesamt-MAV Johanneswerk zum WebWecker sagt. Und auch jetzt stellt sich für die MAV eine Frage: Wie groß ist die Not tatsächlich? Der Vorstand will erklärtermaßen kurzfristig sechs Millionen Euro einsparen. Doch sei dieser Betrag größer als der, der kurzfristig notwendig sei, um die Verluste auszugleichen, erklärt Ortmann. Unklar sei, was mit restlichen Geld geschehen solle. Er bemängelt, dass ein Sanierungskonzept fehlt.

Und Ortmann, wie alle anderen MAV’ler kein Diplom-Ökonom, fragt, ob es denn nicht auch Rücklagen aus wirtschaftlich besseren Zeiten gebe. Die vom Vorstand festgestellte Notlage besage lediglich, dass die laufenden Einnahmen die laufenden Kosten nicht decke. Dies aber ist ein bei größeren Unternehmen durchaus üblicher Vorgang, schließlich lassen sich durch derartige Bilanzen auch Steuern sparen. Die Gewerkschaft ver.di. kritisiert, dass das Johanneswerk eine »große Mitverantwortung« für die Notlage trage: »Dieser Vorstand hat offensichtlich nicht erkannt, dass man in der Vergangenheit über die eigenen Verhältnisse hinaus gelebt hat, dass man zu geringe Rücklagen gebildet hat, dass man zu viele Lasten in Form veralteter und sanierungsbedürftiger Immobilien mit sich geschleppt hat und dass man dabei sehenden Auges von einer strategischen Krise in eine Liquiditätskrise geraten ist«, erklärte ver.di. Gewerkschaftssekretär Franz Levenig.

Das Einspar-Angebot seitens der Gesamt-MAV sei gut gewesen. Darauf hatte sich Gesamt-MAV unter hohem Zeitdruck, den die Geschäftsführung durch einen knapp gesetzten Termin, zu dem eine entsprechende Dienstvereinbarung unterzeichnet sein sollte, erzeugte, geeinigt. Einen weiter gehenden Kürzungsvorschlag habe man auf keinen Fall vorlegen können, sagt Ortmann. Der Vorstand wollte sechs Millionen einsparen, die Mitarbeitervertretung präsentierte einen Vorschlag, der fünf Millionen Euro Ersparnis eingebracht hätte, inklusive vorgeschlagener Stundungen. So hätten die MitarbeiterInnen beispielsweise auf zehn Prozent Weihnachtsgeld, spätere Übernahme des Tarifabschlusses und Verzicht auf 15 Stunden vom Arbeitszeitkonto verzichtet.