Webwecker Bielefeld: sicherheit02

Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit (Teil 2)



Um die Verordnung praktisch umsetzen zu können, hat die Stadt ein neues Knöllchen entwickelt. Auf der Rückseite befindet sich praktischerweise gleich ein »Tatbestandskatalog«. Hier sind Tatbestände aufgeführt, die sogar über die neue Verordnung hinausgehen und ihren Charakter als Ordnungswidrigkeit aus anderen gesetzlichen Bestimmungen speisen: So zum Beispiel das »Skateboardfahren auf dem Rathausvorplatz und auf angrenzenden Flächen«.


Weitere Informationen finden Sie auf einem orangefarbenen Flyer, den das Ordnungsamt herausgibt und der unter anderem in der Bürgerberatung im Neuen Rathaus ausliegt. Die Verordnung können Sie hier auch als pdf-Dokument herunterladen










Tun, was die Mehrheit will



Ein Kommentar von Manfred Horn

Dezernent Ludwig wirbt um Verständnis für die neue Verordnung. Es gehe ihm um gezielte soziale Kontrolle nach dem Motto: Mitbürger, muss das denn hier sein? Und er betont, damit die Wünsche von 90 Prozent der Bielefelder Bürger umzusetzen. Das mag sogar stimmen. Und es mag auch so sein, dass vor allem Randgruppen aus dem Rahmen der Normalität herausfallen, sonst würden sie wohl auch nicht Randgruppen heißen. Ein wunderschönes Instrument also, um diejenigen, die friedliebende Bürger und manchmal auch die Polizei nerven, eine Geldstrafe aufzubrummen. Nichts anderes sagt das Opportunitätsprinzip. Auch wenn die Polizisten fortgebildet werden, niemand kann dafür garantieren, dass der Polizist bei seinem Nachbarn, den er seit Jahren kennt, die weggeworfene Zigarettenkippe ignoriert und bei einem 16-Jährigen, der am Jahnplatz rumhängt, dieses zum Anlass nimmt, mal eben 15 Euro Verwarngeld auszusprechen.

Damit aber wird die ordnungspolitische Verfügung der Stadt zu einem gezielten Instrument, Randgruppen härter zu gängeln. Repression ist damit offensichtlich wieder ein probates Mittel: nach einer vorübergehenden Blüte von präventiven Gedanken in den 1990er Jahren schiebt sich jetzt wieder die Härte des Gesetzes in den Vordergrund. Eine Antwort auf die drängenden gesellschaftlichen Probleme ist nicht. In den USA beispielsweise, wo viele ohne jede soziale Sicherung in einem knallharten, leistungsorientierten System überleben müssen, wird inzwischen in manchem Bundesstaat selbst der erstmalige Diebstahl von Lebensmitteln in einem Supermarkt mit Gefängnis bestraft. So weit ist die Entwicklung hier noch nicht, aber die Richtung ist die gleiche. Die Zahl der Lehrstellen sinkt, immer mehr Jugendliche bekommen immer weniger Angebote, in welche Richtung ihr Leben eigentlich laufen soll. In den mangelnden Perspektiven liegen die Ursachen dafür, dass Jugendliche im Straßenbild auffällig werden.

Sie jetzt gemeinsam mit Obdachlosen, politisch motivierten Handzettelverteilern und Bettlern unter Druck zu setzen, ist sicherlich die völlig falsche Richtung. Mal abzuwarten, wie sich die Verordnung in der Praxis entwickelt. Derartige Verordnungen sind momentan schwer in Mode: In Aachen wurde auch ein Zigarettenkippen-Wegwerfverbot erlassen, seitdem gibt es dort nur Ärger. Oder in Berlin wollte man das Grillen im Tiergarten verbieten, das Verbot scheitere daran, dass einfach massenhaft weitergegrillt wurde. Hier gilt übertragen auf Bielefeld: Solange die Stadt keine attraktiven Grillplätze ausweist, wird auch hier das Verbot scheitern. Denn wer will schon »voll in der Pampa« grillen?