Webwecker Bielefeld: lutterno01

Lutter kommt nicht an die Luft (16.07.2003)



Die CDU will eine oberirdische Lutter in der Straße Am Bach nicht mal geschenkt. Im Umwelt- und Stadtentwicklungsantrag (UStA) lehnte sie gestern die Freilegung des Lutter-Baches in der Altstadt ab. Auch wenn die die Stadt keinen Cent gekostet hätte.



Von Mario A. Sarcletti

Politiker aller Parteien verteilten gestern auf einer gemeinsamen Sitzung von UStA und Bezirksvertretung Mitte Streicheleinheiten an die engagierten Bürgerinnen und Bürger, die vor einem Jahr den Verein »pro Lutter« gründeten, und lobten deren ehrenamtlichen Einsatz. Die hatten das Lob auch verdient: Sie investierten nicht nur Zeit in ihre Idee sondern auch Geld. Um ihren Traum von einem Wasserlauf mitten durch Bielefeld zu verwirklichen, warben sie Spenden ein und kümmerten sich um eine Förderung des Projektes durch das Land.

Der Traum ist, die Lutter, die bis 1895 oberirdisch durch Bielefeld floss, zwischen dem Haus des Handwerks im Herzen der Stadt und den Stauteichen an der Heeper Straße wieder ans Tageslicht zu holen. »Ein alter Taum wird wahr«, sagte denn auch Jens Jordan, FDP-Mitglied der Bezirksvertretung Mitte, in der gestrigen Sitzung zur Freilegung der Lutter an dem Ort Bielefelds, an dem die Stadt entstand. »Ich sehe das hier als historische Chance an«, appellierte er an die CDU, ihre Haltung zu dem Projekt noch einmal zu überdenken.

Denn die lehnt es ab, dass die Lutter auch in der Straße »Am Bach« freigelegt wird. Zwar lobte auch deren Ratsmitglied Ralf Nettelstroth das Engagement der Bürger. Das bringe aber nicht immer das Ergebnis, das alle befürworten würden. Wegen verkehrstechnischer Belange lehne seine Fraktion das Projekt ab, so Nettelstroth.

Was die CDU mit verkehrstechnischen Belangen meint, konkretisierte sein Fraktionskollege Hartmut Meichsner: »Stellen sie Am Bach um 16 Uhr, 17 Uhr oder um 18 Uhr einen Möbelwagen ab: Dann ist tot«, beschrieb er den drohenden Verkehrsinfarkt in der Innenstadt. Außerdem, so Ralf Nettelstroth, wäre die Lutter in der Straße Am Bach, ein »schmales Rinnsal, das gar nicht wahrnehmbar ist«. Die Straße sei von ihrer »Verkehrssituation« zu wichtig, setzte Nettelstroth Prioritäten.

Außerdem befürchtet die CDU Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern als Folge der Lutterfreilegung. Die gibt es bereits jetzt, da der Radweg auf dem schmalen Bürgersteig angelegt ist. Der Verkehrsexperte Hartmut Harnisch könnte sich vorstellen, dass in der Straße Tempo 30 gelten könnte und die Radfahrer die Fahrbahn benutzen. Auch eine Fahrradstraße könnte eine Lösung darstellen. Die wünscht sich auch Rainer Hahn, grünes Mitglied des UstA, er verwies auf das gelungene Beispiel Rolandstraße.

Auch der »Verbund der Bürgerinitiativen für ein Lebenswertes Bielefeld« hält dies für die sinnvollste Lösung. Das um die Bürgerinitiative B66n entstandene Bündnis spricht sich zudem für eine Einbahnstraßenregelung Am Bach aus, um den Durchgangsverkehr auszuschließen. Die Pläne zur Öffnung der Lutter in diesem Bereich unterstützt der Verbund ausdrücklich.

Und auch die Kaufleute in der Gegend zeigten sich nach Angaben von »pro Lutter« von der Idee der Freilegung des Baches durchaus angetan. Auch wenn sie gewisse Wünsche äußerten, wie den nach Ladezonen und der Beibehaltung einer Fahrbahnbreite von sechs Metern. Verkehrsplaner Hartmut Harnisch hat kein Problem damit: »Auch wenn wir eigentlich mit 5,50 geplant hatten, sind wir da flexibel«, versicherte er den Politikern. Einen Grund für die positive Haltung der meisten Kaufleute in dem Bereich, in dem viele Ladenlokale leerstehen, nannte Godehard Franzen (SPD), Vorsitzender des UStA: »Ich möchte betonen, dass gerade die Freilegung in der Straße Am Bach die Altstadt attraktiver machen würde.«