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»Ich habe das Bohren dicker Bretter gelernt« (Teil 2)



Mir fallen in der Stadt immer wieder Gebäude und Orte auf, die Ruinen sind, leerstehen oder in unschönem Zustand wie das Amerikahaus oder der Kesselbrink. Würden sie als Oberbürgermeister da etwas anders machen?

Das hat man auch als Oberbürgermeister nur sehr bedingt in der Hand, aber man kann schon Dinge beeinflussen. Ein Beispiel: Wir haben über 20, 30 Jahre in Bezug auf den Einzelhandel in Bielefeld eine durchaus problematische Politik betrieben, indem wir zuviel Einzelhandelsflächen auf der grünen Wiese zugelassen haben. Das hat zur Folge, dass der Einzelhandel im Zentrum und auch in den Nebenzentren sehr zu kämpfen hat. Ich würde als Oberbürgermeister dafür stehen, dass wir mit dieser Ausweisung von Einzelhandelsgroßflächen an der Peripherie aufhören.


Wäre denn für Sie die Gestaltung des Kesselbrinks ein Thema?

Ich kämpfe darum seit vielen Jahren, der Kesselbrink ist mir ein großes Anliegen. Den großen Wurf wird man innerhalb der nächsten Jahre nicht hinbekommen. Aber man kann mit kleineren Maßnahmen deutliche Verbesserungen erzielen. Es hat dazu auch Vorschläge gegeben im Agenda-Prozeß. Da gab es eine sehr aktive Gruppe, die sehr interessante Vorschläge gemacht hatte, die aber leider von der bürgerlichen Mehrheit abgelehnt wurden. Da würde ich ansetzen, diese Vorschläge wieder hervorholen und davon etwas umsetzen.


Und warum ist der große Wurf in den nächsten Jahren nicht zu machen?

Man braucht dafür entweder Investoren oder die Stadt müsste eigenes Geld in die Hand nehmen. Dafür sehe ich derzeit die Finanzmittel nicht. Und die großen Investoren, die dafür in Frage kämen, sind auch nicht in Sicht. Es sei denn, man würde an der Stelle im großen Stil Einzelhandel ansiedeln, was ich aber strukturpolitisch für die Stadt für völlig falsch halte.


Und das Amerikahaus, das schon länger leersteht oder der Neubau an der Welle? Mein Eindruck ist, dass viel zu viele Geschäftsflächen gebaut werden.

Bei dem Haus an der Welle ist es so, das die Fläche für Einzelhandel relativ klein ist. Da war unser Interesse immer, dort ein oder zwei attraktive Anbieter hineinzubekommen. Der Eigentümer des Hauses, Herr Möllmann, ist zuversichtlich, das zu realisieren. Das kann zur Belebung am Tor zur Altstadt beitragen. Beim Neumarkt ist die Situation sehr schwierig. Da ist eine massive Ansammlung von Einzelhandel von mir immer problematisch gesehen worden. Ich glaube, dass man schon ein Stück weit mit Einzelhandel arbeiten muss, aber nicht in dem Umfang von 25.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche, wie es mal vorgesehen war. Die Stadt wirkt koordinierend mit und beeinflusst das Planungsrecht, aber die Grundstückseigentümer sind andere. Die müssen für sich wirtschaftlich tragfähige Konzepte entwickeln. Da muss viel Geduld haben.