Webwecker Bielefeld: clausen03

»Schwierige, aber reizvolle Aufgabe« (Teil 3)



Erstens weil der Umweltbetrieb sich teilweise über Sparten erstreckt, die in einem Markt liegen, der sich in den nächsten Jahren dramatisch verändern wird und der deshalb für den Betreiber erhebliche Risiken birgt. Sowohl der Abfall- als auch der Abwassermarkt ist europaweit in einer gravierenden Umstrukturierung. Derjenige, der in diesen Marktsegmenten tätig ist, wie jetzt der städtische Umweltbetrieb, muss erkennen, dass diese Marktumstrukturierung auch mit betriebswirtschaftlichen Risiken behaftet sein wird. Ich weiß heute nicht, wie es sich in zehn Jahren darstellt. Es kann sein, dass das, was sich heute als ertragsreich darstellt, in zehn Jahren ein richtiges Strukturproblem für die Stadt ist. Eine Überlegung, die mich dazu führt zu sagen, vielleicht ist es gut, hier einen starken Partner ins Boot zu holen, der mit der Stadt gemeinsam dieses Boot steuert und lenkt. Dadurch wird das Risiko ausgeschaltet.

Zweitens ist nichts dagegen einzuwenden, wenn wir in bestimmten Bereichen tatsächlich frisches Geld in die Kasse reinspülen können. Wir sind im Haushaltssicherungskonzept, das scheitern wird, weil die bürgerliche Mehrheit es gegen die Wand gefahren hat. Nach dem ursprünglichen Kurs war es so, dass wir bis zum Jahr 2006 zu einem ausgeglichenen Haushalt hätten kommen können. Dann hätten wir Altschulden von 120 bis 150 Millionen Euro vor der Brust gehabt, die wir noch hätten tilgen müssen. In dem Zusamenhang wäre es gut gewesen, das zeitgleich zusammenzuführen, um die Altschulden zumindest teilweise zurückführen zu können. Aus dem Gesichtspunkt heraus war ich einer Teilprivatisierung aufgeschlossen. Wir haben aber immer gesagt: Vorrangig ist für uns, dass die Qualität des Angebots erhalten bleibt. Wir haben in Bielefeld eine relativ hohe Qualität in den Angeboten. Auch die Gebührenstabilität muss festgeschrieben werden.


Bei dem kürzlich gescheiterten Konzept der bürgerlichen Mehrheit wären Gebührenerhöhungen inklusive gewesen...

...Darum sind wir an der Stelle auch ausgestiegen. In der ursprünglichen Konzeption sah es so aus, dass die Gebührenstabilität gewährleistet sein sollte. Nur die Inflation hätte über Gebührenerhöhungen ausgeglichen werden können, mehr aber nicht.


Der Sparzwang der Stadt ist da: Ist ein dreispartiges Theater unbedingt erhaltenswert?

Für Bewohnerinnen und Bewohner einer Großstadt ist Kultur eine ganz wichtige Sache. Kultur zählt zu den weichen Wirtschafsstandortfaktoren. Ich halte es für absolut erforderlich, dass wir für die Bielefelderinnen und Bielefelder die Nutzung eines qualitativ vernünftig ausgerichteten Theaters in allen drei Sparten sicherstellen müssen. Ich sehe aber auch, dass wir auch in einer relativ geringen räumlichen Entfernung von weniger als 20 Kilometern, in Gütersloh, zur Zeit eine Entwicklung haben, wonach dort entstehen soll, was es in Bielefeld schon gibt: Ein vernünftiges Drei-Sparten-Haus. Nicht besetzt mit einem eigenen Ensemble, aber so ausgerichtet, dass dreispartig Tourneegruppen dort auftreten können. Das ist ein Angebot, das bis in den Bielefelder Raum hineinstrahlen wird. Ich erkenne hierin eine Doppelung von kommunalen Angeboten: Das dreispartige Bielefelder Theater ragt in den Gütersloher Raum hinein und umgekehrt.

Angesichts dessen, stellt sich für mich die Frage, ob es hier nicht eine Möglichkeit gibt, in einen interkommunalen Austausch darüber einzutreten, wie man das im Sinne beider Städte optimieren kann. Es macht keinen Sinn, wenn zeitgleich in Bielefeld und Gütersloh eine Ballettpremiere läuft. Im Moment findet so etwas wie eine interkommunale Kooperation nur in Ansätzen statt. Sondern jeder guckt auf seinen Kirchturm und glaubt, an seiner Stadtgrenze endet die Welt. Dass ist überholt, diese Art von Denken werden wir uns in vielen Bereichen künftig nicht mehr leisten können. Brauchen wir uns auch nicht leisten, denn die Bürgerinnen und Bürger sind viel mobiler als das noch vor wenigen Jahren der Fall war.