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Förderunterricht an der Uni fährt radikal zurück



„Ich bin Erkan. Ich bin 14 Jahre alt. Seit zweieinhalb Jahren bin ich in Deutschland. Erst dachte ich, dass ich die Sprache nie lernen werde aber dann kam dieser Förderunterricht mir als große Hilfe. Ich verbesserte mich im Unterricht. Die Grammatik konnte ich manchmal besser als die deutschen Kinder. Ich habe mich so verbessert, dass ich von Note 4 auf 3+ gekommen bin“.

Erkan ist nur einer von rund 300 Kindern aus über 25 Herkunftsländern, die im vergangenen Semester an der Universität kostenlos Förderuntericht erhalten haben. Der Förderunterricht für SchülerInnen nicht deutscher Herkunftssprache wird an der Universität seit anderthalb Jahren angeboten. Studierende unterrichten bis zu vier Mal die Woche Kinder ab der fünften Klasse, in Kleingruppen bis zu 5 Schülern. Für den Unterricht erhalten die Studierenden 8 Euro die Woche und vor allem Erfahrungen für ihren persönlichen und beruflichen Werdegang. Das Projekt „Förderunterricht“ wird außerdem wissenschaftlich begleitet, ein angegliedertes Förderbüro koordiniert die Termine, berät Schüler, Eltern und Lehrer. Ein Projekt, das alle Ressourcen der Universität bündelt und nutzt.

Und das Projekt hat unglaubliche Erfolge. Viele der Schüler verbessern wie Erkan ihre Schulnoten innerhalb kürzester Zeit, nicht selten bis zu 2 Noten!
Trotzdem muß die Beratungsstelle ihre Schülerzahlen nach den Semesterferien radikal zurückfahren: Die Finanzierung ist nicht gesichert. Die Suche nach weiteren Sponsoren blieb bisher erfolglos.
Die Stadt Bielefeld steuert 15.000 jährlich, die Universität ebenfalls, weitere Gelder kommen beispielsweise von der Sparkassenstiftung, von Pro Bielefeld oder dem Arbeitgeberverband. Dennoch nicht genug:
Im kommenden Semester können nur noch 150 Schüler unterrichtet werden, Absagen werden verschickt, oder Schüler auf später vertröstet. Hierzu eine der Schülerinnen.
„Ich lerne hier mit sehr viel Spaß und habe neue Freunde kennengelernt, deswegen ist der Weg hierhin immer wieder eine Freude. Es wäre für mich sehr schlimm, wenn dieses Projekt abgesetzt würde, denn dann könnte mir keiner mehr meine Fragen beantworten und ich würde ziemlich in Schwierigkeiten kommen.“

Unkostenbeiträge für die Eltern will die Förderstelle jedoch nicht erheben. Zum einen, weil viele der Familien erhebliche finanzielle Probleme haben, zum anderen soll und darf keine Konkurrenz zu bestehenden Nachhilfeanbietern entstehen.
Die Zukunft ist also ungewiss. Etwas neidisch blicken die Bielefelder dabei auf die Universität in Essen. Diese hat seit über 25 Jahren eine ähnliche Förderstelle und unterrichtet pro Semester über 700 Schüler. Dort ist die Finanzierung kein Problem – alleine die Stadt stellt jährlich 180.000 Euro bereit. Das sind Finanzierungen, von denen die Bielefelder die kommenden Jahre ganz sicher nur träumen können.