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Schulden sind nicht böse (06.08.2003)



Ein Zwischenruf von Manfred Horn



Bielefeld hat hohe Schulden, der laufende Haushalt ist nicht ausgeglichen. Das Regierungspräsidium in Detmold verweigert seine Zustimmung zum Haushaltssicherungskonzept der Stadt. Nun kann im Detail sicherlich darüber gestritten werden, wo Sparpotenziale noch nicht ausgeschöpft sind. Doch aus der Perspektive der BewohnerInnen einer Stadt stellt sich die Lage ganz anders dar: In den vergangenen Jahren sind zahlreiche soziale und kulturelle Einrichtungen bereits weg- oder kleingespart worden. Die Umstellung auf bürgerschaftliches Engagement hat deutliche Grenzen. Wohin soll das die ganze Sparerei eigentlich führen? Konsolidierung der Finanzen heißt perspektivisch, in einer Stadt zu leben, in der es zu wenig soziale Hilfeeinrichtungen und kulturelle Angebote gibt. Bibliotheken reduziert, Eisbahn weg, Schwimmbäder reduziert, Sportvereine teuer, Beratungsdienste gestrichen, usw. usf. Ist aber alles dicht, was bleibt dann noch? Die Selbstorganisation jenseits der Kommune. Das mag in einigen Fällen sogar funktionieren. In anderen Fällen, wo es schlicht darum geht, dass Menschen Geld verdienen müssen – das soll durchaus vorkommen – nicht. Bürgerschaftliches Engagement ist überhaupt nur möglich, wenn die sich engagierenden Menschen irgendwo her ein Einkommen beziehen. Doch da sieht es auch schlecht aus: Hohe Arbeitslosigkeit, Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf unterstem Niveau, drohende Entlassungen im städtischen Betrieb.

Bliebe nur die radikale Lösung: Weiter Schulden machen. Die USA machen es vor, Billionen von Schulden. Man müsste nur die Macht oder juristische Möglichkeit haben, die Schulden irgendwann und irgendwie abzuschreiben. Aber warum sollte eine Stadt nicht, um das hohe Gut der Wahrung des sozialen und kulturellen Friedens, Schulden über Schulden machen und anschließend den berühmten Finger heben können: Seht her, ich kann nicht mehr zahlen, ich bin insolvent? Warum nicht Leo Kirch und zahllosen anderen Unternehmen folgen, die sich auf diesem Weg erfolgreich saniert haben? Was sind schließlich imaginäre Zahlenkolonnen gegen die konkreten Lebensbedürfnisse von Menschen?