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»Wirtschaftslobby hat sich durchgesetzt« (Teil 2)



Es gab die Vorschläge des Deutschen Städtetages – warum ist zu diesem kritikwürdigen Entwurf der Bundesregierung gekommen und welchen Einfluss kann man jetzt überhaupt noch nehmen?

Nach Pressemeldungen ist es im vor allem Wolfgang Clement zu verdanken, dass die gewinnunabhängigen Elemente aus dem Kommunalmodell entfernt wurden. Damit hat sich die Wirtschaftslobby im wesentlichen durchgesetzt. Das ist fatal. Denn die Steuerentlastungen, die die Wirtschaft in den letzten Jahren erfahren hat, sind nicht zu verachten. Ich kann nicht erkennen, dass man da jetzt noch nachlegen müsste. Ich bezweifele nach den jüngsten Äußerungen vom Bundeskanzler und Finanzminister, dass man in diesem konkreten Punkt noch Einfluss nehmen kann. Sie haben bestärkt, Mieten, Leasingraten, also die gewinnunabhängigen Elemente, nicht in die Gewerbesteuer aufnehmen zu wollen. Die massive Kritik aus allen Fraktionen hat aber schon zu Teilerfolgen geführt. Die Bundesregierung hat angekündigt, andere Wege zu finden, den Gemeinden durch die Reform mehr Geld zukommen zu lassen. Ob das dann allerdings langfristig kalkulierbare Einnahmen sind und nicht je nach Konjunkturlage vom Bund entschieden werden kann – mal ein halbes Prozent mehr, mal ein halbes Prozent weniger – wage ich im Moment zu bezweifeln. Ich glaube, dass die Leistungsminderung der Kommunen durch mangelndes Geld schädlich ist für Politik auf allen Ebenen, weil sie zu einer starken Politikverdrossenheit bei den Bürgern führt.


Eingespart werden soll auch durch die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Auch ein Beispiel dafür, dass einige Bürger in Zukunft wesentlich weniger Leistung erhalten. Doch die Zusammenlegung bringt nach Berechnungen des Oberbürgermeisters für die Stadt Bielefeld überhaupt keinen positiven Effekt.

Wer hat nach dem Start der Reform die Definitionshoheit über die Frage: Wer ist erwerbsfähig und wer ist dauerhaft hilfebedürftig? Wenn man das der Bundesanstalt für Arbeit überlässt, dann besteht die Gefahr, dass zur Bereinigung der Arbeitslosenstatistik Menschen je nach Marktlage als erwerbs- oder nicht erwerbsfähig eingestuft werden. Es könnte passieren, dass sich die Zahl derer, die auf die von den Kommunen geleistete Sozialhilfe angewiesen sind, nicht deutlich reduziert. Bei schlechter Arbeitsmarktsituation könnte die Zahl sehr hoch bleiben und damit auch die Belastung der Kommunen.



Nun hat die Bundesanstalt für Arbeit in den vergangenen Jahren einiges unternommen, um die Arbeitslosenstatistik zu schönen. Aber können die denn einfach definieren, wer erwerbsfähig ist?

Im Moment kann niemand sagen, nach welchen Kriterien im Einzelfall entschieden wird. Die Grünen hatten definiert, dass jeder, der drei Stunden pro Tag arbeiten kann, als potentiell erwerbsfähig gilt. Für diese Menschen wäre bei Arbeitslosigkeit die Bundesanstalt für Arbeit finanziell zuständig. Wenn diese Definition zu Grunde gelegt werden würde, dann würden tatsächlich viele Menschen aus der kommunalen Sozialhilfe herausfallen und das vom Bund finanzierte Arbeitslosengeld II beziehen. Ich befürchte aber, dass viele Menschen zwecks Bereinigung der Arbeitslosenstatistik als nicht dauerhaft erwerbsfähig eingestuft werden.