Webwecker Bielefeld: franke03

»Soziale Sensibilität hinterfragen« (Teil 3)



Es gibt in Bielefeld die Kampagne gegen Niedriglöhne. Kann man da schon eine Bilanz ziehen? Hat die Kampagne den Erfolg gehabt, den sie haben sollte?

Ich denke ja. Letztendlich hat sich im Bewusstsein vieler gesellschaftlicher Gruppen festgesetzt, was Niedriglöhne für Auswirkungen auf die Arbeitnehmer haben. Auffällig ist dabei, dass in der Regel immer eine Gruppe betroffen ist: das sind Frauen. Hier meint man, die schwächste Gruppe treffen zu können. Dass dieses in einer kirchlich-diakonischen Einrichtung wie Bethel geschieht, macht besonders betroffen. Weil hier die soziale Verantwortlichkeit, theologisch gesprochen: gegenüber dem Nächsten, fehlt. Und die Folge des Vorgehens in Bethel ist jetzt auch die Lohnabsenkung in den städtischen Kliniken. Die eine Absenkung erzwingt auch in den anderen Einrichtungen Absenkungen.


Die Kampagne hat Bewusstsein geschaffen, aber die tatsächlichen Lohnabsenkungen konnte die Kampagne nicht mehr verhindern.

Aber was sie verhindert hat, waren weitere geplante Absenkungen, zum Beispiel beim Weihnachtsgeld und einseitige Arbeitszeitverlängerung. Durch den Widerstand der Mitarbeiter ist dies abgelehnt worden. Eins ist aber klar: Der Druck, den wir erzeugen wollten, ist geschaffen worden. In vielen Köpfen sind die Konsequenzen von Lohnsenkungen deutlich geworden. Bei anderen fehlt nach wie vor – und dies werfe ich auch Peter Clausen vor – die soziale Sensibilität, zu hinterfragen, was heißt es, wenn ich 35 bis 40 Prozent weniger verdiene? Ist das Existenzminimum überhaupt noch gewährleistet? Wer solche Arbeitsplätze anbietet, handelt sozial unverantwortlich.