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»Mautbrücken sofort demontieren« (18.02.2004)



Anlässlich des Bekanntwerdens des Scheiterns der Einigungsversuche zwischen der LKW-Maut-Firma TollCollect und dem Bundesverkehrsministerium fordern Bürgerrechtsorganisationen, unter ihnen der Bielefelder FoeBuD, eine Demontage der Überreste des gescheiterten LKW-Mautsystems. Die seien nämlich bereits jetzt schon für eine Erfassung des gesamten Verkehrs geeignet, die Innenministerien könnten ein starkes Interesse haben an der Übernahme der 300 auf deutschen Autobahnen installierten Kontrollbrücken.

Die mit Kameras und Kennzeichenerkennung ausgestatteten Brücken der Firma Vitronic waren zur Erfassung von Maut-Prellern, also LKWs, die ohne On-Board-Unit und ohne manuelle Einbuchung auf der Autobahn unterwegs sind, gedacht. Dieses System erfasst technisch – entgegen der ursprünglichen Ausschreibung – die vorbeifahrenden Kraftfahrzeuge einschließlich aller PKW. Aus den Bildern werden durch eine sehr schnelle Schrifterkennung die Fahrzeug-Kennzeichen extrahiert.

Die Innenministerkonferenz hatte bereits Ende 2003 erwogen, in den Ländern die gesetzlichen Grundlagen für eine Kontrolle des gesamten Fahrzeugverkehrs zu schaffen, inklusive der Befugnis zum Abgleich mit der Kfz-Fahndungsdatei oder zur Durchführung von Routinekontrollen. Einige Länder bereiten konkret die Schaffung solcher Gesetze vor. »Das Recht auf freie unbeobachtete Nutzung von Verkehrswegen würde dadurch in verfassungswidriger Weise eingeschränkt«, erklären FoeBuD und die anderen Bürgerrechtsorganisationen. Um eine derartige Nutzung der Mautbrücken auszuschließen, müssen diese umgehend demontiert werden.

Weitere Infos im WebWecker-Schwerpunkt vom Januar 2004





Überwachungs-Monopoly


Ein Kommentar von Manfred Horn

FoeBuD und Co begrüßen das Scheitern der Toll Collect Pläne. Die Infrastruktur zur Überwachung des Straßenverkehrs würde nicht weiter ausgebaut. Endlich hat das Bundesverkehrsministerium die Kündigung ausgesprochen. Seit Monaten fordert die Oppositon im Bundestag genau diesen Schritt. Passiert ist monatelang nichts. Ein merkwürdiges und skandalöses Verhalten: Da konnte ein Vertragspartner seit Monaten nicht liefern, gab blumige Versprechungen ab. Innerhalb des normalen Wirtschaftsgebahrens hätte der Vertrag bereits im Spätsommer 2003 gekündigt werden müssen.

Nicht nur, dass nicht geliefert wurde. Dem Staat entgingen und entgehen Milliarden-Euro Beträge, und das in Zeiten knapper Kassen. Dafür gibt es zwei Erklärungen. Zum einen ist Toll Collect ein Konsortium, das hauptsächlich aus Daimler-Chrysler und Deutsche Telekom besteht. Denen tut die Regierung nicht gerne weh, ist der Bund doch selbst noch an der Telekom beteiligt. Ein Scheitern des Mautsystems ist ein dicker, auch internationaler Imageschaden für diese beiden Unternehmen.

Zum zweiten wollte man die neue Technik unbedingt. Deutschland sollte hier technologisch weltweit führend werden. Datenschutz spielte dabei keine Rolle. Desto perfekter die Überwachung, desto leuchtender die Augen dieser Technologiefraktion.

Aber Vorsicht: Noch hat Toll Collect acht Wochen Zeit, auf die Kündigung zu reagieren. Da wird hinter den Kulissen einiges passieren. Ich bin mir sicher, es wird noch zu einer Einigung in letzter Minute kommen. Dafür ist dieses Überwachungs-Projekt für beide Seiten, Regierung und Toll Collect, einfach zu wichtig. Die Vertragskündigung war da nur Teil eines Machtsspiels.