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Denkpause für Hartz IV? (10.03.2004)



Immer mehr zeigt sich, dass der zwischen Regierung und Opposition beschlossene Kompromiss zur Neuregelung der Leistungen für Arbeitslose, kurz ›Hartz IV‹, große Löcher hat: Wirtschaftsminister Clement will nachrechnen. Michaele Hustedt, grüne Bundestagsabgeordnete aus Bielefeld, fordert, dass die Kommunen die ihnen zugesagte Entlastung von fünf Milliarden Euro erhalten und Angelika Gemkow, CDU-Landtagsabgeordnete, stellt den Sinn der Neuregelung in Frage, wenn sie weder den Betroffenen noch den Kommunen etwas bringt.


Von Manfred Horn

Die Bundesregierung reagiert auf die massive Kritik der Kommunen. Die hatten in der vergangenen Woche protestiert, weil ihnen durch die für 1. Januar 2005 geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe Mehrkosten entstünden. Auch in Bielefeld hatten alle Rathausparteien eine entsprechende Erklärung abgegeben. (WebWecker berichtete) Inzwischen haben sich Kommunalverbände mit Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement getroffen, um diesem vorzurechnen, was die Zusammenlegung der Hilfeleistungen, ein wesentliches Element von ›Hartz IV‹, kosten würde. Alleine Bielefeld rechnet dadurch, dass die Kommune nach dem bisherigen Modell auf den Unterbringungskosten hängen bleibt, mit 10 bis 35 Millionen Euro Mehrbelastung. Eine Kommission soll nun klären, ob die Belastung der Kommunen wirklich so groß ist. Ursprünglich sollten die Kommunen durch Hartz IV sogar finanziell deutlich entlastet werden.

Die Bielefelder Grünen hatten sich zuvor an ihre Bundestagsabgeordnete Michaele Hustedt gewandt. Diese erreichte einen Beschluss des Arbeitskreises Wirtschaft und Arbeit der grünen Bundestagsfraktion, in dem es unter anderem heißt: »Wir wollen, dass die Kommunen unter allen Umständen die ihnen zugesagte Entlastung von fünf Milliarden Euro in 2005 erhalten, ebenso die im Rahmen der Beschlüsse zu den Gemeindefinanzen in 2003 zugesagten Entlastungssummen für die Folgejahre«. Eine Forderung des grünen Arbeitskreises ist nun, dass die Länder ihre Einsparungen aus der Hartz-Reform beim Wohngeld an die Städte weitergeben. Der grüne Arbeitskreis gibt die geplanten Entlastungen durch die Hartz-Reform für die Länder mit 2,5 Milliarden Euro an. Dieser Betrag, sollte er denn überhaupt tatsächlich eingespart werden, dürfte insbesondere für Städte mit einer hohen Zahl von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern wie Bielefeld aber nicht reichen, um die Mehrkosten zu decken.

Angelika Gemkow, Bielefelder CDU-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft OWL (CDA), fordert eine Denkpause bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Sie befürchtet, dass das beschlossene Hartz-Gesetz sich zum »Rohrkrepierer« entwickelt. Der Gesetzgeber in Berlin soll nach ihrer Meinung eine Denkpause einlegen und erst einmal Modellregionen aussuchen, ehe das Ganze auf die Bundesrepublik übertragen wird. Auch Gemkow befürchtet massive Mehrkosten für die Kommunen. Damit aber steht für sie Sinn und Zweck der Neuregelung in Frage.

Gemkow geht bei ihrer Kritik noch weiter: Bei den derzeitigen Finanzdebatten werde »gar nicht mehr an die Menschen gedacht, die von diesen Regelungen betroffen sind«. Alleine in Bielefeld würden ab 1. Januar circa 35.000 Menschen unter das neue Arbeitslosengeld II fallen. Die Absicht, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzubinden und den Menschen Eingliederungshilfen aus einer Hand zu gewähren, sei zwar richtig, finde aber auch künftig nicht statt.