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Protest gegen Abschiebungen (Teil 2)



»Die Unruhen richten sich auch vor allem gegen Serben«, sieht er Roma nicht im Fokus der Ausschreitungen. Eine Einschätzung, die auch die meisten Journalisten teilen, die aus dem Krisengebiet berichten. »Das ist das Interessante, dass in der Medienberichterstattung nur die Serben thematisiert werden«, bemerkt dazu Elisabeth Reinhard von KARABH. »Die radikalen Albaner gehen da sehr taktisch vor«, beschreibt sie ihren Eindruck. Die aktuellen Unruhen sollten vor allem die Unabhängigkeitsbestrebungen unterstützen, die Rede des jugoslawischen Ministerpräsidenten Kostunica zu seinem Amtsantritt sei ein Auslöser gewesen. In der hatte er eine Einteilung des Kosovo in Kantone unter serbischer Kontrolle gefordert, die von den Albanern geforderte Unabhängigkeit würde damit in weite Ferne rücken.

Aber auch wenn sich die Ausschreitungen zur Zeit nur gegen Serben richten, sieht Elisabeth Reinhard alle Minderheiten im Kosovo im Gefahr. Und zwischen Roma und Ashkali würde der Bielefelder Flüchtlingsrat im Gegensatz zu den Ausländerbehörden keine Unterscheidung treffen. »Wir hätten das so nicht gemacht«, so Reinhard. Dass Ashkali nach Meinung der Innenminister eine eigene Volksgruppe bildeten, weil sie »hellhäutiger« als Roma seien, findet sie rassistisch. »Nach Meinung der Ausländerbehörden sind Ashkali nicht so gefährdet, weil man nicht sieht, dass sie Roma sind«, beschreibt Reinhard den Hintergrund der behördlichen Kategorisierung. »Sie gelten als assimilierte Roma, aber von den Albanern werden sie nicht akzeptiert«, beschreibt Reinhard, dass für UCK-Sympathisanten die bundesdeutsche Einteilung nicht zählt.

Dass die UN-Verwaltung im Kosovo sich immer wieder weigert, Menschen im Kosovo aufzunehmen, die die Bundesrepublik abschieben möchte, sieht Rolf Gieselmann entspannt. Dann würde die UNMIK eben Widerspruch einlegen. Elisabeth Reinhard beurteilt die Tatsache drastischer, dass sich die Innenministerkonferenz und deutsche Ausländerbehörden über die Einschätzung der Vereinten Nationen hinwegsetzen: »Die Schwäche der UNO ist schon erschreckend«, findet sie und wundert sich: »Ich finde es erstaunlich, dass das niemand thematisiert«.

Tatsächlich war es für die meisten Medien kein Thema, dass im vergangenen August eine 61-jährige Ashkali aus Minden gegen den Willen der UNMIK zur Not über Montenegro in das Kosovo abgeschoben werden sollte. (WebWecker berichtete). Im selben Monat verhinderte die UNO die Abschiebung einer Familie aus Werther, da sie deren Herkunftsort als unsicher einstufte. Dass sie damit nicht unrecht hatte, zeigt die aktuelle Entwicklung. Der Ort heißt Mitrovica.

Die Flüge sind jetzt bis auf weiteres ausgesetzt, die Donnerstagsproteste am 1. April um 13.30 Uhr, der üblichen Startzeit der Flugzeuge, sollen dennoch stattfinden. »Wir wollen erreichen, dass die Abschiebungen nicht wieder aufgenommen werden«, erklärt Elisabeth Reinhard das Ziel der Proteste. Dafür sollen die sorgen, die dafür verantwortlich sind, dass Roma und Ashkali nicht hier bleiben dürfen: Die Innenminister.

Auch wenn sich die Störungen in der Bürgerberatung am vergangenen Donnerstag auf Grund ihrer kurzen Dauer nach Angaben von Rolf Gieselmann in Grenzen hielten, freut er sich nicht über die angekündigten Proteste in seinem Amt: »Es ist kein geeigneter Ort für eine Demonstration, bei der mit Megaphon Reden gehalten werden«, so Gieselmann. Wie die Bürgerberatung auf künftige Proteste reagieren werde, könne er noch nicht sagen. »Das kommt auf das Ausmaß an. Aber sie müssen sehen, dass hier Menschen arbeiten und Bürger Angelegenheiten erledigen wollen«. Die Protestierenden müssten bedenken, dass bei Protesten in Gebäuden jemand Hausherr ist und von seinem Hausrecht Gebrauch machen könne. So wie die Innenminister eben Hausrecht in Deutschland haben.