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Mangelndes Mitgefühl (Teil 2)



UNHCR gegen »aufgenötigte Rückkehr«

Angesichts dieser Lage für die ethnischen Minderheiten in der Provinz sieht die Innenministerkonferenz zur Zeit von einer Abschiebung von Serben und Roma ab. Ashkali und Ägypter hingegen haben im Mai vergangenen Jahres eine »Aufforderung zur freiwilligen Ausreise« erhalten, die gilt nach wie vor. Kommen sie ihr nicht nach, droht die Abschiebung. Das UN-Flüchtlingskommissariat ist damit nicht einverstanden: »Serben, Roma und Ashkali aus dem Kosovo benötigen weiterhin Schutz in Aufnahmeländern wie Deutschland«, erklärte die Organisation am 18. März. Wiederholt hatte sie sich in der Vergangenheit gegen die »zwangsweise oder aufgenötigte Rückkehr der nicht-albanischen Bevölkerung« ausgesprochen.

Auch andere internationale Organisationen schätzen die Lage im Kosovo offensichtlich anders ein als die deutschen Innenminister. Die UN-Verwaltung im Kosovo UNMIK lehnte wiederholt die Aufnahme von Ashkali ab. Der NATO-Befehlshaber für Südeuropa, Admiral Johnson, sprach im Zusammenhang mit den Unruhen ebenso von ethnischen Säuberungen wie Russlands Präsident Putin. Und NATO-Generalsekretär De Hoop Scheffer gibt nach Angaben des Flüchtlingsrates NRW zu, dass die Organisation nicht für die Sicherheit der Minderheiten garantieren könne. Es sei NATO-Truppen nicht möglich, »jeden einzelnen Bauernhof zu schützen«, zitiert ihn die Flüchtlingshilfsorganisation in einer Stellungnahme.

Angesichts dieser Einschätzungen ist die Forderung des Flüchtlingsrates nach einem Bleiberecht verständlich. Dennoch stieß sie bei den Innenministern immer wieder auf taube Ohren. Deshalb hat auch die 43-jährige Hanna aus Duisburg Angst vor der Abschiebung. Zusammen mit einem 17-jährigen Sohn soll sie ausreisen, der Rest der Familie hat eine Aufenthaltserlaubnis. Seit 18 Jahren lebt die Familie in Deutschland. »Mein Bruder hat hier die Schule beendet, jetzt soll er weg, dabei kann er kaum Albanisch«, erzählt Hannas aufenthaltsberechtigter Sohn Dennis, der während der Kundgebung mit einem Dutzend Flüchtlingen vor der Bürgerberatung eingetroffen ist.


Seit 18 Jahren Angst vor Abschiebung

Seit 18 Jahren habe seine Mutter Angst abgeschoben zu werden, beschreibt Dennis, der als ihr Dolmetscher fungiert, Hannas Situation. Auch er habe Angst, wenn sie weg müsse: »Wer weiß, was da hinten morgen oder übermorgen passiert. Es ist doch nicht sicher da im Kosovo«, schätzt er die Lage vor Ort ein. Aber auch um seinen kleinen Bruder sorgt er sich: »Wenn mein Bruder da hinkommt, wird er doch sofort zum Militär eingezogen, direkt in die UCK rein«, vermutet Dennis.

»Schrecklich, sehr schrecklich«, waren für den jungen Ashkali die Bilder vom 18. März und den Tagen danach. Auch in der Stadt Pec, aus der die Familie stammt, gab es Ausschreitungen. »Da sind auch drei Menschen ums Leben gekommen«, berichtet Dennis über die Stadt in der Nähe von Mitrovica, dem Zentrum der Unruhen. Im Kosovo habe seine Mutter keine Angehörigen, dennoch will das Duisburger Ausländeramt sie dorthin abschieben. Vor dem hat Hanna große Angst. »Meine Mutter traut sich gar nicht mehr zur Ausländerbehörde, aus Angst dass sie direkt mitgenommen und abgeschoben wird«, sagt Dennis. Dabei bescheinigt ihr ein Attest ein Rückenleiden, seit vier Jahren muss sie Medikamente dagegen nehmen.