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Johanneswerk besteht auf Kündigung (07.04.2004)



Von Manfred Horn

Arbeitsgerichtsverhandlungen sind meistens keine kurzfristige, aber kurze Angelegenheit: Eine halbe Stunde wird seitens des Gerichts angesetzt, um die Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beizulegen. Am gestrigen Dienstag verhandelte das Arbeitsgericht in Sachen Maria B. (Name geändert) gegen Johanneswerk.

Seit 1977 arbeitet die fest beschäftigt und mit einer vollen Stelle im Johanneswerk im Servicebereich. Zuletzt stand sie in der Spülküche oder in der sogenannten ›kalten Küche‹, also teilweise auch im Kühlraum. Circa 1200 Euro brutto ohne Zuschläge verdient sie. Maria B. gehört zur sogenannten »W-Gruppe«, also zu denjenigen Servicekräften, die seit Jahren einen speziellen und niedrigeren Lohn vom Johanneswerk erhalten. Der Arbeitgeber Johanneswerk bemerkte über einen längeren Zeitraum hohe Fehlzeiten bei Maria B. und sah deswegen im vergangenen Jahr Grund zum Einschreiten. Warum auch immer, die Kündigung wurde Maria B. nach deren Darstellung am 24. Dezember mitgeteilt, also quasi unter den Weihnachtsbaum gelegt. Zum 30. Juni 2004 soll sie gehen.

Damit war und ist die 53-Jährige aber überhaupt nicht einverstanden und strengte ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht an. Zu einer Einigung kam es am Dienstag beim ersten Termin nicht, Maria B. lehnte eine Abfindung ab. Sie will, dass ihre Kündigung aufgehoben wird. Der vorsitzende Richter Walter Klingebiel deutete bereits während der Verhandlung an, dass ihm die Gründe für eine Kündigung seitens des Johanneswerks nicht ausreichen könnten. Bei einer »ordentlich unkündbaren« Mitarbeiterin kann nur bei gewichtigem Grund gekündigt werden. So muss vermutlich zumindest eine negative Gesundheitsprognose hinzukommen.

Die Vertreter des Johanneswerks betonten, sie hätten versucht, für Maria B. eine andere Arbeit im Johanneswerk zu finden. Dies sei nicht möglich gewesen. Auch sei ihr die Kündigung nicht am 24., sondern bereits am 23. Dezember übergeben worden. Marion Schmidt, Anwältin der Klagenden, sprach von Verfahrensfehlern: Der Mitarbeitervertretung seien nur drei Tage zugestanden worden, um den Fall zu beraten. Gesetzlich vorgeschrieben seien aber 14 Tage. Vorsorglich will das Johanneswerk in Kürze noch eine zweite Kündigung aussprechen, die zur Zeit mit der Mitarbeitervertretung beraten wird. Eine Beteiligung der Mitarbeitervertretung ist vorgeschrieben, das Votum der Vertretung ist jedoch für die Geschäftsleitung nicht bindend. Der nächste Gerichtstermin ist auf den 19.August festgelegt worden. Ab 1. Juli ist Maria B. auf jeden Fall erst mal arbeitslos.



Warum kündigen?



Ein Kommentar von Manfred Horn

Irgendwie passt da was nicht. Eine kirchliche, diakonische Einrichtung wie das Johanneswerk überreicht einer Mitarbeiterin, die seit über 25 Jahren beschäftigt ist, ein bombastisches Weihnachtsgeschenk in Form einer Kündigung. Vermutlich hatte es die entsprechende Abteilung des Hauses versäumt, die Kündigung vorher in den Wege zu leiten und wollte sie noch schnell vor Jahresende durchziehen. Sonst wäre sie nämlich erst ein Quartal später wirksam geworden.

Schlimmer aber ist der Umstand der Kündigung selbst. Ungenommen, Maria B. hat hohe Fehlzeiten. Als Servicekraft, die 53 Jahre alt ist, wird sie aber kaum noch woanders Arbeit finden. Bleibt die Frage, warum das Johanneswerk jetzt unbedingt kündigen muss. Ein diakonisches Unternehmen, dass davon lebt, anderen zu helfen und das sich mit einem eben solchen Image verkauft, sollte auch die Möglichkeit haben, weniger Leistungsfähige zu beschäftigen.