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Kapriolen um Kaplan (Teil 2)



Die politische Debatte und die wie auf einen unsichtbaren Impetus hin gleichgeschaltet wirkende Berichterstattung der großen Medien deutet an, was passiert wäre, wenn die Bundesrepublik mit in den Irak-Krieg gezogen wäre. Allein, nicht zu vergessen: Die Bundeswehr steht in Afghanistan. Und sicher ist: Es werden Kriege in islamischen Ländern kommen, an denen die Bundesrepublik militärisch stärker beteiligt sein wird. Dieses Szenario stellt den Rechtsstaat bereits heute auf die Probe. Der von den USA ausgerufene präventive Krieg bedarf offenbar auch in der Bundesrepublik eines präventiv-repressiven Rechtsstaats, der unliebsame Bürger in »Schutzhaft« nehmen kann. Da wird zum Täter, wer vielleicht zukünftig gegen Recht und Gesetz handeln wird. Sogenannte »Hassprediger« sollen zukünftig ausweisbar sein.

Das neue Einwanderungsgesetz sieht nach dem aktuellen SPD-CDU-Papier weiter vor, Menschen auf Grund einer »tatsachen-gestützen Gefahrenprognose« ausweisen zu können. Damit aber ist politisch-motivierter Willkür Tür und Tor geöffnet. Und: ›Amnesty-International‹ und der ›Deutsche Anwaltverein‹ sehen darin zurecht einen unzumutbar verkürzten Rechtsschutz. Denn gegen eine derartige Prognose samt Ausreiseverfügung soll nach dem neuen Gesetz nur noch in einer Instanz, nämlich vor dem Bundesverwaltungsgericht, geklagt werden können. Dazu passt, das nach dem neuen Gesetz eine Anfrage beim Verfassungsschutz bei Flüchtlingen vorgesehen ist.

Ungewöhnliche Umstände verlangen ungewöhnliche Maßnahmen. Amnesty-International wirft der US-Regierung im aktuellen Jahresbericht vor, sie kämpfe gegen den Terrorismus und beweise zugleich Doppelmoral, weil im eigenen Land die Menschenrechte mit Füßen trete. Der bundesdeutsche Verteidigungsminister Peter Struck kann noch solch goldene Sätze sprechen wie »Ein deutscher Soldat foltert niemanden«. Eine stolze Aussage, die man sich für die Zukunft an die Pinnwand nageln sollte. Denn das Konstrukt des allgegenwärtigen Terrorismus ist längst in Deutschland angekommen und mit ihm der systemimmanente Druck, neue, repressivere Gesetze zu erlassen, Recht zu beugen und Wege jenseits des Rechts zu finden. Dann aber ist der Weg nicht mehr weit zu offensichtlicher körperlicher Gewalt. Es ist eben eine alte, aber immer noch aktuelle Weisheit: Systeme beweisen sich erst in der Krise. Dies gilt für den Sozialstaat, aber eben auch für den Rechtsstaat.