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Heißt »frei von Zusätzen« auch »öko«? (07.07.2004)





Genervt vom gesetzlichen Rauchverbot hat der Betreiber eines Restaurants in New York Tabak auf seine Speisekarte genommen. Ob’s schmeckt? Immerhin bietet er mehrere Gerichte, die mit besten Tabakblättern aus ökologischem Anbau gewürzt sein sollen.

von Aiga Kornemann


Zum kontrolliert ökologischen Tabakanbau habe der Bioland-Verband keine Meinung, sagt Sprecher Ralf Alsfeld: »Die Bedeutung für den Markt ist einfach zu gering.« Mal abgesehen davon, dass Rauchen der Gesundheit schadet, können Bauern hierzulande mit Tabak kein Geld verdienen. Für die Fruchtfolge sei die Pflanze uninteressant, ins Klima passe sie auch nicht.


Geheimrezepte

Besser gedeiht das Nachtschattengewächs in Asien, außerdem in den tropischen und subtropischen Gebieten Amerikas. Die Sorten heißen je nach Klimazone des Anbaus, nach Blatttypen und Methoden der Trocknung zum Beispiel Virginia, Kentucky, Burley, Maryland und Orient. Bis zu 50 verschiedene Partien Tabak werden gemischt, um die für eine Zigarettenmarke typische, gleichbleibende Mischung zu erzeugen, den so genannten Blend. Die Rezepte ihrer Marken halten die Hersteller geheim. Auch mit Angaben über die Zusätze, die sie ihren Zigaretten beimischen, halten sie sich bedeckt, sehr zum Ärger der Gesundheitsorganisationen weltweit.

Ein Blick ins Mikroskop genügt als Beweis für die dicke Schicht chemischer Substanzen, in der die Tabakfasern fast verschwinden. Ammoniak soll die Freisetzung von Nikotin im Blut beschleunigen, Zucker und Süßholz schönen den Geschmack, Glyzerin sorgt für die Feuchtigkeit, Salze verstärken die Glut. Da fallen ein paar Pestizide mehr oder weniger gar nicht mehr auf.


Dicke Luft im Naturkostladen

Kontrolliert ökologisch angebauter Tabak ist hierzulande nicht im Handel. In verschwindend geringem Maß wird Tabak in den USA ökologisch angebaut und als Bio-Tabak ohne Zusätze gezielt beworben. »Leider sind die Mengen zu klein, dass auch wir Tabak aus ökologischem Anbau anbieten könnten«, heißt es in der Hamburger Dependence der Reynolds-Tochter American Spirit. Die additivfreie Marke hat sich in sieben Jahren erfolgreich in Deutschland etabliert. Obwohl sie streng genommen nicht »öko« ist, wurde sie in den ersten Jahren ausschließlich über Naturkostläden vertrieben, was in der Szene bis heute für dicke Luft sorgt. Dass ein Tabak gesünder sein soll, als ein anderer, ärgert gesundheitsbewusste Nichtraucher ganz außerordentlich.


Image reicht nicht

Sie haben ja recht, trotzdem steigt die Nachfrage nach Additiv-freien Zigaretten und Drehtabak, den VerbraucherInnen häufig in einer alternativ wirkenden Packung vermuten. Doch viele Hersteller schummeln und geben dem Papier und Design ihrer Packungen einen bunten Ethno-Anstrich, hinter dem sich völlig normaler konventioneller mit bis zu 300 Zusätzen hergestellter Tabak verbirgt. »Ich glaube nichts, was die Hersteller nicht ausdrücklich aufgedruckt haben«, bringt ein Bielefelder Tabakhändler das Problem auf den Punkt: »Image reicht nicht.«

Je hochwertiger und damit auch teurer der Tabak, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er mit wenigen Zusatzstoffen hergestellt wurde. »Die echten Genießer erwarten Reinheit.«. Rauchern zufolge ist die Naturbelassenheit eines Tabaks zum Beispiel daran auszumachen, wie er trocknet, ohne an Geschmack einzubüßen: »Trocknet er schnell, sind keine Feuchthalter drin. Geht die Zigarette aus, sind keine Salze drin.«

Den Zusatz von Aromen dagegen schätzen zumindest Pfeifenraucher als geschmacklichen Gewinn ein. Für ihren »Cavendish« werden Tabakfasern erhitzt und weitgehend entleert, um sie dann mit Aromen zu füllen. So kommt die Kirsche in den Tabak.