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10.000 Jahre Menscheitsgeschichte auf anderthalb Hektar (30.06.2004)



Im Freilichtmuseum in Oerlinghausen widmet man sich ganz der Vorgeschichte – der Zeit, aus der wir keine oder fast keine schriftlichen Überlieferungen haben.


Von Jeanette Wette

Der einzige Weg, etwas über die Menschen in vorgeschichtlicher Zeit zu erfahren, liegt in der Archäologie: Ausgrabungen fördern die Hinterlassenschaften der frühen Menschen zutage, die die Zeit überdauert haben. Bis aus ein paar tausend Hektolitern gesiebtem Sand, Lehm und Scherben das Zelt eines Steinzeitjägers wird oder die Sandalen eines römischen Soldaten, dauert es oft viele Jahre, und nicht wenige der heute als gesichert geltenden Annahmen gründen sich hauptsächlich auf Vermutungen.

Steinzeitzelt Gerade deshalb ist es für Geschichtswissenschaftler und Archäologen wichtig, Dinge auszuprobieren. Aus dem Fund eines Lehmofens und einer Reihe von Tonscherben in seiner Nähe kann man zwar schließen, dass in dem Ofen Ton gebrannt wurde, wie aber die Technik des Brennens funktionierte, das kann man nur herausfinden, wenn man einen solchen Ofen nachbaut und versucht, Keramiken damit herzustellen. Die praktischen Archäologen sind so etwas wie die Spielkinder ihrer Zunft. Wenn sie nicht gerade wissenschaftliche Texte schreiben oder Vorlesungen halten, dann verkleiden sie sich womöglich gerade als Steinzeitmenschen und probieren aus, wie genau so eine Schleuder funktioniert.

Gerade deshalb ist das Museum in Oerlinghausen wohl auch ein so anziehender Ort für Kinder jeden Alters, egal, ob sie noch den Kindergarten besuchen oder ihre Pensionierung genießen. Insgesamt sechs verschiedene zeitliche Perioden sind im Freilichtmuseum dargestellt, die älteste zeigt das Zelt eines steinzeitlichen Jägers, die jüngste einen sächsischen Bauernhof aus dem Frühmittelalter.

Wohnstallhaus BronzezeitDie interessierten Besucher und Spielkinder finden nicht nur rekonstruierte Gebäude der verschiedenen Zeiten, sie erfahren auch allerlei Interessantes über die beherrschten Techniken, die verwendeten Werkzeuge, sogar die Nutzpflanzen wurden hier angebaut, und Schweine und Ziegen zurückgezüchtet, damit man sehen kann, wie sich die Menschen damals ernährten. Wechselnde Ausstellungen zu unterschiedlichen Themen informieren zum Beispiel über die Kleidungsherstellung vom Handspinnen über das Färben bis hin zu verschiedenen Webtechniken und verwendeten Schnitten. Oder über das Brauen von Bier, das Mahlen von Getreide ohne Mühle, das Schmieden und das Bronzegießen. Zusätzlich finden an allen Sonn- und Feiertagen Vorführungen zu alten Handwerkstechniken statt, bei denen die Besucher zum Teil auch selbst Hand anlegen dürfen.