Webwecker Bielefeld: Traumschiff

Schwuletten und Quiekadellen



(T)raumschiff Surprise, Periode I

Von Harald Manninga

Das hats hierzulande, wenn überhaupt, bisher kaum gegeben. So ein Werberummel um einen deutschen Kinofilm, so viel Merchandising, das der Fan kaufen soll, so viele Leute, die ihn schon in den ersten Tagen gesehen haben... Bully schlägt seine eigenen Rekorde, die er mit dem Schuh des Manitu eingefahren hat, und setzt auf alles noch einen oder zwei drauf. Das gefällt vielleicht nicht jedem oder jeder, was der Herbig da zusammengefilmt hat, zumindest aber die drölf Millionen Leute, die am Schuh Spaß hatten, werden auch diesen Film lieben. Und vielleicht doch auch ein paar Leute mehr. Verdient hätte ers.


Käpt'n Kork, Mr. Spuck und Schrotti vom Raumschiff »Surprise« bereiten sich in einer abgelegenen Gegend des Universums in Ruhe auf ihren Auftritt bei der »Miss-Waikiki-Wahl« des Jahrs 2304 vor, als auf der Erde der Himmel zu brennen anfängt: »Der Mars macht mobil«, d.h. die Kolonisten, die vor drei hundert Jahren dahin ausgewandert sind, greifen die Erde an und wollen die Weltherrschaft an sich reißen. Wer kann die Erde retten?! – Leider bleiben bei der Beratung im Sitzungssaal von Prinzessin Metapha nur die Leute von der »Surprise« übrig. Dumm gelaufen, aber geht nicht anders, sie müssen her. Und eine Zeitreise antreten, zu dem Moment, als ein UFO in der Wüste von Nevada niedergeht. Am 22.07.2004 hat es die Technologie mitgebracht, mit der Reisen zum Mars überhaupt erst möglich wurden. Wenn man da eingreift und dieses UFO vernichtet, bevor es jemand anders findet, kommt es erst gar nicht zur Besiedlung des Mars, und also findet auch jener Krieg nicht statt. Logisch, gell?


Mag sein, dass das das Heit-ti-tei-Rumgeschwuchtel der »Surprise«-Crew auf Dauer nervt. Rick Kavanians dritte (vierte?) Rolle in diesem Film als Lord Maul ist vielleicht etwas zu albern angelegt, die Schnute, die er da zieht, erinnert wirklich nicht unbedingt effektvoll an das Vorbild »Darth Vader«. Und dass er nu auch noch sächselt ... naja. Man lässt kaum eine Zote aus, kaum ein blöder Kalauer bleibt unaufgelesen am Wegrand liegen, Bullys Besessenheit in Bezug auf pubertäre Sex-Witzlein und Tuntengehabe nervt auf Dauer – aber das hatten wir ja schon. Und dieses aufdringliche Marketing... Ja, doch, man kann dem Film einiges »vorwerfen«, abgesehen vielleicht von »political correctness«.


Darüber hinaus gibts aber auch viele Dinge, die man dem Film zu Gute halten kann. Das fängt an bei Til Schweiger, der als Space-Taxi-Fahrer à la Bruce Willis (»Das fünte Element«) mehr oder weniger ausnahmsweise zu echten Hochformen aufläuft und zeigt, dass er ein richtiger Schauspieler, gar ein Komödiant sein kann. Anja Kling in der weiblichen Hauptrolle ist ein wahrer Gewinn gegenüber Marie Bäumer aus dem Schuh. Sky DuMont ist wieder dabei und gibt gar seinen eigenen Gastauftritt als »Santa Maria« aus dem Schuh. Der Schwuletten-Kram der »Surprise«-Crew ist möglicherweise nervig, aber dafür so konsequent durchgehalten, dass allein das schon wieder komisch ist. Und Einfälle gibts, die gibts gar nicht! Ein Raumschiff mit »Navigationssystem«, das einem vorbetet, dass man »nach hundert Metern rechts ab« muss? Sowas muss einem erstmal einfallen! Und von sowas gibts reichlich.


Und aber vor allem die Bilder! Die sind – mit Verlaub – auf echtem Weltniveau!


Nee, is klar: Viel davon auch wieder mit dem Computer gemacht, und da erwartet man gefälligst spektakuläres Zeug, z.B. bei den Weltraumschlachten. Viel davon ist aber auch sichtlich handgemacht, und das ist schlicht gut gemacht! Bully, Kameramann Stephan Schuh und Cutter Alexander Dittner überlassen hier nichts dem Zufall.


Til Schweiger hat in einem »Making-Of«-Dings im Fernsehn gesagt, dass Bully seinen nächsten Film wohl in Hollywood machen könnte, wenn er wollte. Dürfte stimmen. Nur warum sollte er? Er kanns doch auch hier!