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Mahnwache zum fünften Todestag (01.09.2004)



In einer Aktion zum bundesweiten Aktionstag gegen Abschiebehaft fand am Montag, 30. August, eine Mahnwache zum 5. Todestag von Rachid Sbaai vor dem Abschiebegefängnis Büren im Kreis Paderborn statt: Zur Erinnerung an Rachid Sbaai und drei weiteren Menschen, die an einem 30. August in Zusammenhang mit Abschiebehaft ums Leben gekommen sind, wurde der Platz vor dem Gefängnis zum ›Platz des 30. August" umbenannt›. Ein entsprechendes Straßenschild wurde montiert.

Am 30. August 1999 verstarb Rachid Sbaai im Abschiebegefängnis Büren nach einem Brand in einer Arrestzelle, den er selber gelegt hatte. Bis heute blieben viele Fragen des Vereins ›Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren‹ zu den Umständen des Todes von Rachid Sbaai von der Leitung der JVA Büren unbeantwortet.

Drei Tage zuvor nahm Rachid Sbaai an einem Fußballspiel teil. Dabei kam es zu einem Foulspiel. Als Konsequenz der darauf folgenden Meinungsverschiedenheiten wurde Rachid Sbaai von dem Personal des Gefängnisses zu zwei Wochen Arrest verurteilt.

Der Verein ›Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren‹ rekonstruiert die folgenden Ereignisse so: Aus Verzweifelung über seine völlig isolierte Lage steckte er die Matratze in Brand. Als Sbaai merkte, dass er die Flammen nicht mehr unter Kontrolle hatte, versuchte er über einen Alarmknopf, der sich in der Zelle befindet, auf sich aufmerksam zu machen. Das Büro, in dem solche Alarmrufe zusammenlaufen war polizeilichen Ermittlungen zufolge nicht besetzt. Außerdem schrie Rachid Sbaai um sein Leben zu retten, doch diese Schreie wurden nur von einem anderen Gefangenen wahrgenommen, der sich ebenfalls im Arrest befand. Er konnte ihn nicht helfen und musste mit anhören, wie Rachid Sbaais Schreie verstummten.

Direkt nach dem Tod von Rachid Sbaai wandte sich der Verein mit einem offenen Brief an das Gefängnis, um Fragen, die sich nach dem Todesfall stellten, beantwortet zu bekommen. Unter anderem wollten die Mitglieder des Vereins wissen, warum die Alarmzentrale nicht besetzt war und warum die Justizvollzugsanstalt versucht hat, den Gefangenen, der den Todeskampf von Rachid Sbaai mit angehört hatte, vor der Polizei zu verheimlichen. Bis zum heutigen Tag wartet der Verein jedoch vergeblich auf die noch offenen Antworten.

Der Verein erinnert nun schon zum fünften Mal mit einer Mahnwache an den tragischen Tod eines jungen Menschen. Auch andere Flüchtlinge kamen am 30. August um: Kemal Altun sprang am 30. August 1983 aus dem Fenster des Verwaltungsgerichtes Berlin. Zwar war sein Asylantrag anerkannt worden, doch der Beauftragte der Bundesrepublik klagte gegen die positive Entscheidung. Er verbrachte 13 Monate in Abschiebehaft, bevor er sich aus Verzweifelung das Leben nahm.

Kola Bankole wurde am 30. August 1994 von Bundesgrenzschützern umgebracht. Bei seiner Abschiebung wurde er gefesselten und mit einem Gurt und einer Socke geknebelt. Zusätzlich erhielt der herzkranke Mann noch Spritzen mit Beruhigungsmitteln. Er erstickte während des Fluges.

Altankhou Dagwassoundels stürzte am 30. August 2000 bei einem Fluchtversuch aus dem Fenster des 6. Stocks eines Krankenhauses. In dieses wurde er am Abend zuvor mit Verdacht auf Magenblutungen aus der Abschiebehaft heraus eingeliefert.

In der Zwischenzeit sind die Schicksale von über 4.000 Flüchtlingen bekannt, die an den Grenzen der ›Festung Europa‹ oder bei dem Versuch der Abschiebung starben.


Am 3. Oktober findet in Büren vor dem Abschiebegefängnis eine bundesweite Demonstration gegen Abschiebehaft statt. Beginn: 13 Uhr. Weitere Informationen zur Demonstration: www.aha-bueren.de