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Bürgerbegehren zu Stadtwerken abgelehnt (01.09.2004)







Die zweite Bürgerbegehren der Initiative ›Bielefeld Pro Nahverkehr‹ ist erwartungsgemäß nicht von der Ratsmehrheit aus CDU, BfB und FDP akzeptiert worden. Zuvor hatte das Rechtsamt der Stadt in einer Verwaltungsvorlage genau dieses Verhalten vorgeschlagen (WebWecker berichtete).



Von Manfred Horn

Die Abstimmung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erfolgte am vergangenen Donnerstag im Rat der Stadt. Zuvor hatte es draußen vor der Tür eine Protestveranstaltung gegeben, an der circa 300 Menschen teilnahmen. Unter ihnen auch viele, die gegen Hartz IV sind. Die Umsetzung des Gesetzespaketes war nämlich auch Thema im Rat, das ›Bielefelder Sozialforum‹ hatte vorab zu Protesten aufgerufen. Wohl koordiniert – die Kundgebung gegen Hartz IV lief bis 16 Uhr, dann durften die Bürgerbegehrler ran – ging es dabei auf dem Rathausvorplatz zu.

Bei der Kundgebung wurde die entschiedene Ablehnung eines weiteren Verkaufs von Stadtwerkeanteilen deutlich. Zur Zeit hat die Stadt Bielefeld 50,1 Prozent Anteile an den Stadtwerken, die Stadtwerke Bremen halten 49,9 Prozent. Sie haben jedoch eine sogenannte Put-Option, die ihnen – je nach Perspektive – das Recht oder die Pflicht einräumt, die 50,1 Prozent zu erwerben. Dies geschieht auch dann zwingend, wenn die Stadt ihre Anteile los werden will. Raimund Echterhoff, ver.di Landesfachbereichsleiter, forderte auf, sich »nicht mehr verarschen zu lassen«. Die Erfahrung zeige, dass bei Privatisierungen die Leistungen schlechter würden, »außer beim Telefon«. Hardy Liebrich, Gewerkschaftssekretär aus Bielefeld ergänzte: »Man schlachtet keine Kuh, die Milch gibt«.

In einer emotionalen Rede warf Ratsmitglied Godehard Franzen (SPD) und Aufsichtsratvorsitzender von moBiel der bürgerlichen Ratsmehrheit einen »unerhörten Wortbruch« gegenüber den Mitarbeitern der Stadtwerke vor und sprach von »Scheinheiligkeit, die durch nichts zu überbieten sei«. Es sei eine »Unverschämtheit gegenüber dem Bürger«, die Zukunft der Stadtwerke im Unklaren zu lassen. Das »Katz- und Maus-Spiel des Oberbürgermeisters und der Ratsmehrheit« sei überflüssig. Zur Ablehnung des Bürgerentscheids fragte er: »Sollen die Bürger entmündigt werden? Sieht so der Pakt mit dem Bürger aus, den der Oberbürgermeister vor fünf Jahren ausgerufen hat?«

Peter Eichenseher, langjähriger verkehrspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion, betonte die Wichtigkeit für die Kommunen als Träger des ÖPNV möglichst direkt bestimmen können in welcher Form, in welcher Dichte und in welcher Qualität dieser vor Ort durchgeführt werden soll. Auch er forderte die Ratsmehrheit auf, »anstatt sich hinter fadenscheinigen Argumenten wie der angeblichen Unzulässigkeit eines Kostendeckungsvorschlages zu verstecken, Klartext zu reden« und wandte sich gegen den Verkauf weiterer Stadtwerke-Anteile. Die Stadtwerke hätten eine hohe Bedeutung für die regionale Wirtschaft, die sie mit kostengünstiger Energie und Aufträgen versorge. Ein Verkauf der Stadtwerke führe zu noch mehr Konzentration im Energiesektor: Dadurch wrede der Wettbewerb verringert: »Die Zeche zahlen wir als Strom- und Energiekunden durch höhere Preise«.