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»Das Herz und die Brötchen« (06.10.2004)



Die Beratungsstelle der BWB in der Nikolaus-Dürkopp-Straße besteht seit 1990. Was hat sich seitdem verändert?

Anfangs haben wir uns auf die unabhängige berufsbegleitende Beratung für Menschen ausgerichtet, die eine Ausbildung haben und in Lohn und Brot stehen. Ein Zufall hat uns dann nach der Eröffnung in der Nikolaus-Dürkopp-Straße die erste neue Zielgruppe beschert: Berufsrückkehrerinnen. Eine Zeitung hatte unsere offizielle Eröffnung nämlich schlicht vergessen und fragte ein paar Wochen später, ob sie nicht noch was bringen könnten, eben im Zusammenhang mit dem Thema Rückkehr in den Beruf. Dann kamen vermehrt Frauen zu uns, die Perspektiven nach der Familienphase suchten, denn die Regionalstelle Frau & Beruf gab es damals noch gar nicht. Der Anteil Arbeitsloser war anfangs sehr gering, ging ab Mitte der 90-er Jahre kontinuierlich aufwärts, inzwischen sind ein gutes Drittel meines Klientels Erwerbslose, die zum Beispiel Unterstützung bei der Vorbereitung von Gesprächen mit der Arbeitsagentur brauchen. Auch Unternehmen melden sich bei mir, allerdings eher selten und nur mit sehr spezieller Fragestellung. Mein Schwerpunkt ist die personenbezogene Weiterbildungsberatung.


Was bedeutet das?

Es ist mir wichtig, nicht nur diejenigen zu beraten, die bezahlte Arbeit haben, sondern auch Menschen anzusprechen, die Weiterbildung eher fern stehen. Darum halten wir einerseits eine breite Palette an Informationen bereit, und zwar über die Angebote unserer Träger hinaus, andererseits habe ich für den BWB eine Form der Weiterbildungsberatung entwickelt, die auf die persönlichen Belange des oder der Beratung Suchenden eingeht. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, ob jemand Arbeit hat, selbstständig ist, erwerbslos ist oder noch gar nicht weiß, in welche Richtung es überhaupt beruflich gehen soll. Bei allen geht es darum, Stärken herauszufinden, deutlich zu machen, was jemand kann und ihn oder sie zu motivieren, sowohl diese Stärken herauszustreichen als auch Wege zu suchen, wie sich Schwächen ausgleichen lassen. Ich helfe Menschen, ihre Stärken wiederzufinden und Möglichkeiten zu entdecken, diese Stärken an geeigneter Stelle einzubringen.


Ist Weiterbildung grundsätzlich teuer?

Zum Glück ist es noch nicht bei allen finanziell so eng. Natürlich muss ich die Leute auch ermuntern, selbst etwas dazu zu geben. Es kann nicht alles umsonst sein. Weiterbildung kostet Zeit, Kraft und eben auch Geld. Aber man kann trotzdem gucken, was man auch mit kleinem Geldbeutel machen kann. Manchmal geht es einfach darum, irgendwo einen Fuß in die Tür zu kriegen. Zu beruflicher Praxis und Kontakten kann beispielsweise auch ein Praktikum verhelfen. Auch ein so genannter 1-Euro-Job kann für manchen eine echte Chance sein. Es gibt viele Möglichkeiten, auf die man allein vielleicht nicht kommt.


Wie erreichen Sie Ihr Klientel?

Theoretisch müssten mir die Leute hier die Bude einrennen, aber natürlich sind Kopf und Herz erst mal voll mit all den Überlebensnotwendigkeiten, den Alltag bewältigen, einen Kindergartenplatz finden, und so weiter. Darum ist es ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeit in der Beratungsstelle, hinauszugehen und neue Zielgruppen direkt anzusprechen. Ein Schritt war beispielsweise, die Informationen über unser Angebot auch in türkischer und russischer Sprache herauszubringen. In Absprache mit der Bielefelder Gleichstellungsstelle und dem Interkulturellen Büro werden wir an die Leitung von Kindergärten und Schulen herantreten und Elternabende zum Thema Weiterbildung anbieten. Die Kinder haben mit dem Eintritt in Kindergarten oder Schule einen neuen Status erreicht, da macht es für viele Familien Sinn, über ihre berufliche Weiterentwicklung nachzudenken oder Perspektiven für einen Wiedereinstieg in den Beruf zu entwickeln.