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Die fünf Säulen von Rot-Grün (03.11.2004)







Am Dienstag stellten SPD und Bündnis 90/Grüne die Eckpunkte für eine Zusammenarbeit in Bielefeld vor. Die rotgrüne Plattform besteht zur Zeit noch vor allem aus Themenfeldern wie etwa »Bürgerbeteiligung« oder »Mobilität«. Bis Ende des Monats sollen die Vorhaben konkretisiert werden.


Von Mario A. Sarcletti

Inge Schulze und Pit Clausen reden nicht lange um den heißen Brei herum: »Was wir heute vorstellen, ist kein Plan, was in den nächsten fünf Jahren in Bielefeld passiert«, kündigt der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion an. Auch sein Pendant auf Seiten der Grünen erklärt: »Wir präsentieren heute nicht die Lösungen der Probleme der nächsten Jahre.« Zielmarken setze das Ergebnis der bisherigen Gespräche der beiden Parteien, so Schulze, die Richtung werde vorgegeben. »Die Plattform wird von fünf Säulen getragen, die unsere Übereinstimmungen sind«, bemüht Clausen eine Metapher, um das zu erklären, was er mit Kollegin Schulze am Dienstag vorstellte.

Ein Koalitionsvertrag ist die Plattform nicht. Der hätte bei der Sitzverteilung nach den Kommunalwahlen auch keinen Sinn. »Die Ausgangssituation ist, dass wir keine Gestaltungsmehrheit haben«, beschreibt Pit Clausen das Wahlergebnis. Und überrascht mit der Aussage, dass SPD und Grüne »das gar nicht so bedrückend« finden würden. Die Politik werde in der kommenden Legislaturperiode anders sein, als in den vergangenen fünf Jahren mit einer bürgerlichen Mehrheit. »Da konnte man sich doch politisch einen Arm ausrenken, die Mehrheit sagte: >Trotzdem«, beschreibt Clausen seine Erfahrungen in den letzten Jahren. Während er zukünftig auf eine neue Streitkultur hofft, erwartet Inge Schulze aufgrund der Mehrheitsverhältnisse mehr Transparenz. »Es müssen im Rat wieder Argumente ausgetauscht werden«, erwartet sie. Ideologisch dominierte Mauscheleien hinter verschlossenen Türen seien bei der momentanen Sitzverteilung nicht mehr möglich.

Transparenz ist auch das Motto einer der fünf Säulen der rotgrünen Plattform, die Bürgerbeteiligung heißt. Neue Formen der Partizipation sollen erprobt werden, eine Möglichkeit sehen SPD und Grüne im Instrument der »Bürgergutachten«. »Bei konkreten Vorgängen, wo sich Akteure gegenseitig blockieren, kann der Knoten durch diese Bürgergutachten gelöst werden«, beschreibt Clausen einen Vorteil des Verfahrens. In dem setzen sich repräsentativ ausgewählte Bürger zusammen, erhalten alle Informationen über das Problem. Gemeinsam suchen sie, begleitet von Moderatoren, etwa von der Gesamthochschule Wuppertal, die Bürgergutachten erforscht und evaluiert, eine Lösung mit hoher Akzeptanz auf allen Seiten. »Ich verspreche mir davon eine Öffnung der Politik über die Projekte hinaus«, hofft Clausen auf nachhaltige Wirkung des Verfahrens.

Er nennt die Neugestaltung des Kesselbrinks als mögliches Projekt für ein solches Bürgergutachten. Für Inge Schulze ist das kein gutes Beispiel: »Da haben Bürger schon so viel entwickelt, nur war die Politik in den vergangenen fünf Jahren nicht in der Lage das umzusetzen«, erklärt die Fraktionsvorsitzende der Grünen. Grundsätzlich hält aber auch sie Bürgergutachten für sinnvoll. »Es ist ein Instrument die Menschen zum Mitgestalten zu bewegen«, findet sie. Sie könnte sich ein Bürgergutachten zur Altstadtsanierung vorstellen.

Die Gefahr, dass die Bürger nach den Erfahrungen in den vergangenen Jahren, wie etwa mit der Lutterfreilegung, gar nicht mehr mitmachen wollen, sieht auch sie. »Da müssen wir sicher um Vertrauen werben«, weiß Schulze. »Aber gerade wir beide waren ja auch in den vergangenen Jahren offen für Anregungen der Bürger«, ist sie optimistisch, dass gerade Rot-Grün Bürger trotz der Frustrationen in den vergangenen Jahren mit ins Boot holen kann. Die sollen auch sich nach Meinung von SPD und Grünen auch weiter und vermehrt ehrenamtlich engagieren. Inge Schulze kann sich vorstellen, dass dieses Engagement zum Beispiel auch dem Theater zugute kommen könnte.