Webwecker Bielefeld: externsteine01

Kultfest bei den Externsteinen (23.11.2004)








Feiern mit Vergangenheit: Jedes Jahr zieht es in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni zahlreiche Besucher zur Sonnwendfeier in das Naturschutzgebiet am Teutoburger Wald


Von Ralf Thanheiser

Genüsslich zieht Johannes an seiner selbstgedrehten Zigarette. So lange er denken kann kommt er schon zur Sonnenwende am 21. Juni an diesen Ort. Das lange, inzwischen ergraute, etwas schütternde Haar trägt er offen. Er hat an diesem Platz schon viel gesehen. Dabei würde er die Besuchergruppe mit kurzgeschorenen Schädeln und ihrer eigenen Art die Feier zu begehen nicht vermissen. Doch gerade die braunen Herren haben hier Tradition: Diese, die zwischen 1933 und 1945 das Land regierten, hatten damals sogar den Einfall, hier eine Autobahn vorbeizuführen. Doch Auseinandersetzungen sind hier heute selten. Johannes stand schon immer für Freiheit und Toleranz an diesem Ort ein und solange es geht, soll es so bleiben.


Wir befinden uns an den Externsteinen, ein Ort mit jahrhundertealter Tradition bei Horn/ Bad Meinberg, einst germanischer Kultort, von Heiden und von Christen vielbesucht. Heute ein Mekka für Esoteriker und Sonnenanbeter, die hier einmal im Jahr den höchsten Stand der Sonne genießen und auf sich wirken lassen wollen. Noch ist es hell, überall sitzen die Grüppchen um den »Kraftort« der am Morgen des 21. besonders viel Energie freigeben soll. Die größte nicht organisierte Feier in Deutschland findet an einer Felsformation aus 13 Felsen statt, von denen aber nur vier sichtbar sind.

Die turmartig nach oben ragendenen Felsen sind zum Teil begehbar, was auch von den jährlich bis zu 650.000 Besuchern genutzt wird. Da zahlt man auch gerne den Euro, der tagsüber für die Besteigung genommen wird. Doch den wenigsten die heute hier sind geht es darum ein Denkmal zu besteigen, sie warten auf den frühen Morgen, an dem der erste Sonnenstrahl durch eine kleine Öffnung, das sogenannte Sazellum oben im zweiten Felsen tritt.


Die wundersame Entdeckung von Hakenkreuzen

Heute Eigentum des Landesverband Lippe, ergriffen die Nazis damals gleich nach ihrer Machtergreifung Besitz von den Felsen. Für »Ausgrabungen« legte man damals den kleinen Stausee vor dem letzten Stein trocken um vor laufenden Kameras Hakenkreuz-Mandalas aus der Erde zu holen. Angeblich ein sensationeller Nachweis germanischer Spuren. Was die Öffentlichkeit damals nicht erfuhr: Die Artefakte wurden erst am Tag zuvor dort vergraben.

In diesen Tagen spielte das in Stein eingeschlagene Relief am Fuße des letzten Felsen eine kleinere Rolle, einst jedoch, im Mittelalter galten die Externsteine als christliche Wallfahrtsort. Die Kreuzabnahme Christi, die um etwa 1130 eingemeißelt wurde, war damals Ziel zahlreicher Pilger und Christen.

Johannes nimmt einen Ast und schürt das Feuer. Von überall her dringt das Gemurmel von den umsitzenden Scharen. Er nimmt einen Zug aus der Zigarette und schaut zu einem Gitarrenspieler der etwas entfernt an der nächsten Feuerstelle sitzt. Inzwischen ist es dunkel und einer der Felsbesteiger in der Nebengruppe erzählt begeistert von der Aussicht die man von der Sonnenwarte – die Plattform am Sazellum – aus hat. Von dort kann man die vielen kleinen Feuerstellen sehen, die ein bisschen an ein Nachtlager einer mittelalterlichen Reisegesellschaft erinnern.