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Der Pass in die falsche Richtung (Teil 2)



Andererseits bleibt zunächst die Frage, warum bei einem solch sensiblen Thema, wie alle Dezernenten im Vorfeld der Änderungen nicht müde wurden zu betonen, dann letztlich doch der Oberbürgermeister mit dem Stadtkämmerer im Hintergrund den Entwurf strickt. Wäre doch die Kompetenz des Sozial-, der Schul- und Kultur- und Jugendexperten an diesem Punkt gefragt gewesen, um einen ausgewogenen Verwaltungsvorschlag unterbreiten zu können. So, wie er jetzt aussieht, wird er die politischen Gremien inklusive wohl nicht überdauern. Und das ist auch gut so.

Gerade Mobilität ist eine zentrale Angelegenheit, ja, sie wird heutzutage geradezu von allen verlangt. Wer sich nicht bewegt, lebt verkehrt, heißt das Motto der Gegenwart. Mit Hartz IV muss zukünftig auch der Putzjob in Oberammergau angenommen werden, auch wenn er wenig Geld bringt und den Menschen aus seinem vertrauten Lebensumfeld herausnimmt, also enorme soziale Kosten verursacht, die bis hin zur gesundheitlichen Schädigung gehen können. Ein Bielefeld-Pass müsste also die Mobilität der Bedürftigen fördern. Bisher gab es 25 Prozent Ermäßigung, zukünftig soll es nach Verwaltungsvorstellungen gar nichts mehr geben.

Dabei wäre eine Ausweitung sogar auf 100 Prozent vorstellbar gewesen. Warum soll es nicht möglich sein, was mit den Studierenden auch klappt, die sich mit dem Semesterticket gegen einen geringen Betrag Stadt und Umgebung kostenlos mit Bus und Bahn bewegen können? Zumal moBiel, der Anbieter des ÖPNV, ein Tochterunternehmen der Bielefelder Stadtwerke ist, an dem die Stadt Bielefeld nach wie vor mehrheitlich beteiligt ist. Menschen mit wenig Geld fahren umsonst: Der Preis dafür könnte analog zu den Studierenden pauschal mit moBiel ausgehandelt werden. Dies würde den Gewinn, den die Stadtwerke jährlich an die Stadt überweisen, schmälern, wäre aber eine wirkliche Erleichterung für die Betroffenen.

Auch sind die Kostenrechnungen der Verwaltung fragwürdig. Denn es war bisher schon so, dass neben Sozialhilfeempfängern auch Empfänger der Arbeitslosenhilfe, des Arbeitslosengeldes und Geringverdiener den Bielefeld-Pass beantragen konnten. Der potentielle Empfängerkreis verändert sich so gesehen gar nicht. Dennoch wird aus Sicht der Verwaltung von einer Ausweitung auf künftig 40.000 Berechtigten gesprochen und die Kosten für 2005 entsprechend hoch veranschlagt.

Gewissheit für diese Zahlen gibt es nicht. Im Gegenteil, die Wirklichkeit ist komplizierter. Es bleibt erst einmal abzuwarten, wie sich die Zahlen des Passes im kommenden Jahr entwickeln. Denn auch heute ist es schon so, dass längst nicht alle, die einen Bielefeld-Pass haben könnten, diesen auch beantragen. Im Gegenteil sind es gerade einmal zehn Prozent. Die Fragestellung müsste eigentlich anders lauten: Sind die Vergünstigungen noch zeitgemäß, gäbe es wichtigere Vergünstigungen? Und: Wie kann der Pass bekannter gemacht werden, auf das ihn auch mehr Menschen nutzen? Und: Passt der Berechtigten-Kreis überhaupt noch? Warum sollen eigentlich Bezieher des künftigen Arbeitslosengeldes I pauschal den Pass bekommen können, wo sie doch im Einzelfall durchaus soviel Geld erhalten, dass sie im Sinne des Passes nicht bedürftig sind. Hier wäre es sinnvoll, eine Einkommensgrenze einzuziehen.

Nahezu alle ALG I-Bezieher aber werden so oder so keinen Bielefeld-Pass beantragen, schlicht, weil die Agentur für Arbeit gar nicht auf die Existenz einer solchen Möglichkeit hinweist. Wahrscheinlich, aber spekulativ, hingegen, dass die Zahl der Bielefeld-Pass-Inhaber bei denjenigen, die künftig ALG-II empfangen, steigt. Dies wird davon abhängen, wie offensiv die ARGE, die Arbeitsgemeinschaft zwischen Stadt und Agentur für Arbeit, die künftig die Empfänger des ALG II betreut, mit dem Pass umgeht. Erhalten sie mit dem Leistungsbescheid die Information, dass sie einen Bielefeld-Pass beantragen können?