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Saubere Luft für Bielefeld (Teil 2)



Andersherum könnte die Stadt Bielefeld an den Regierungspräsidenten herantreten und die Einsetzung einer Arbeitsgruppe anregen: Diese würde dann aus Vertretern des Landesumweltamts, der Bezirksregierung und der Stadt bestehen. Aber die Stadtverwaltung zieht es offenbar vor, dass Thema so lange wie möglich auszusitzen. Schließlich sei Bielefeld kein Belastungsbrennpunkt, heißt es aus dem Umweltamt. Die Stadt zieht sich darauf zurück, dass eine Initiative vom Land kommen müsste. Auch von der Politik, trotz einer numerischen Mehrheit im Rat von beispielsweise SPD, Grünen und Bürgernähe, kamen in den vergangenen Wochen keine Impulse. Nun allerdings kündigen die Grünen eine Initiative im Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss und im Rat an. Sie wollen weitere Messstationen, so auch in der Nähe des Landgerichts an der Detmolder Straße und am Jahnplatz. Würden sich dort Überschreitungen ergeben, wollen die Grünen verkehrslenkende Maßnahmen.




Chance zur Stadtgestaltung nutzen



Ein Kommentar von Manfred Horn


Der Staub rieselt. Auf Anhieb ist er nicht sichtbar. Doch wer in der Innenstadt oder an einer vielbefahrenen Straße wohnt und seine Fenster putzt – was ja gerade im Frühling hier und da mal vorkommen soll – wird diesen schwarzen Film bemerken, der sich über den Putzlappen legt. Dies ist abgelagerter Feinstaub aus der Luft, das wirkt ein und ist Emmission.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement schlug kürzlich vor: Deutsche, kauft mehr Autos. Damit will er den Konsum, also die Binnennachfrage und schließlich die deutsche Wirtschaft ankurbeln. Ökonomisch gesehen: Wenn einem Minister schon nichts Platteres mehr einfällt, steht die Bankrotterklärung der Regierung wohl bald vor der Tür. Ökologisch gesehen: Eine Katastrophe.

Differenzierter ist da schon Axel Horstmann, ebenfalls aus der SPD und Verkehrsminister in NRW: Er will bis 2015 die Zahl der Verkehrstoten im Land halbieren und zugleich mit Radfahren, Ruß-Filtern und neuen Umgehungsstraßen die EU-Norm zur Luftreinhaltung einhalten. Aber 2015 ist schön weit weg. Das kennt man schon: Die kleinen und großen Pläne, irgendetwas in ferner Zukunft zu erreichen. Eingehalten werden sie aber selten.

Auch wenn die Wirtschaft mal wieder jault, die Feinstaubverordnung bietet zahlreiche Chancen: Nicht zuletzt für die Wirtschaft selbst, denn eine Modernisierung der Automobile bringt Cash. Chancen entstehen aber auch für mehr ÖPNV und Radverkehr. Die Richtlinie sensibilisiert. Damit stehen aber auch Verkehrsprojekte, die vor allem für den Autoverkehr geschaffen werden, im Blickpunkt: In Bielefeld ist da an erster Stelle der Umbau der Detmolder Straße zu nennen. Unverständlich, warum die neue kommunale Mehrheit im Rat hier nicht schnellstens eingreift. Die Grünen wären wohl bereit, die Blockade kommt von der SPD, die als ehemalige Fortschrittspartei schon immer ein bisschen »größer, schneller, besser« verliebt war. Wohlstand heißt da eben bei vielen Genossen immer noch »Auto« und »schnelle Fahrt voraus«.

Die Stadt verschläft gerade die Chance einer weiteren Umgestaltung des Verkehrs. Statt »laut und heftig« könnte beispielsweise die Innenstadt besucherfreundlich werden. Vor 30 Jahren war es unvorstellbar, nicht mit dem Auto in die Fußgängerzone fahren zu können. Inzwischen hat sich dies längst etabliert. Warum nicht auch eine Verkehrslenkung in der gesamten Innenstadt? Warum nicht den ÖPNV und die Radfahrer-Infrastruktur forcieren? Städte-Rankings zeigen, dass damit eigentlich nur gewonnen wird. Münster und Freiburg sind die besten Beispiele dafür. Weniger lärmender Verkehr bedeutet einen Gewinn an Atmosphäre in der Stadt.

Kommt Stadtverwaltung und Politik allerdings nicht in den Quark, kriegen sie hoffentlich bald die Rechnung in Form von Grenzwertüberschreitungen. Dies könnte, mit Hilfe der neuen Messstation an der Stapenhorststraße, Ende 2006 das erste Mal der Fall sein. Dann ist dort ein ganzes Jahr komplett gemessen worden und dann muss gehandelt werden.