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Ein anderer Blick aufs System (Teil 3)



Tobias: Ein Teil der Schuld trifft aber auch die Lehrenden am OS. Sie haben mehr Geld und mehr Freiräume bekommen und dafür sollten sie wissenschaftliche Arbeiten anfertigen. Das haben sie selten gemacht und wenn, dann lief die Evolution der wissenschaftlichen Arbeiten im Haus ab. Sie haben sich gegenseitig kritisiert und, um es überspitzt zu sagen, sich gegenseitig die Doktor-Titel zugespielt. Es gibt im Keller ein riesiges Archiv von über dreißig Jahren wissenschaftlicher Arbeit. Die ist aber nichts wert weil sie nie nach außen gekommen ist. Da fehlte dann natürlich für das Ministerium die Legitimation die Einrichtung weiter zu fördern. Außerdem haben wir unsere Schirmherren verloren. Hartmut von Henting ist schon sehr alt und hat nur noch wenig Einfluss. Johannes Rau hat als Ministerpräsident immer so ein bisschen über das Oberstufenkolleg gewacht, aber der ist ja auch schon etwas älter. Dann gab es noch das Problem, dass das Kultusministerium auf kommunikativ gemacht hat und die Lehrenden dazu aufgefordert hat ein System zu entwickeln. Die sind sich aber nicht einig geworden.


Wie ihr schon sagtet, gab es am OS früher eine rege politische Kultur. Dementsprechend existiert auch eine lange Protest-Geschichte auf die mensch zurückblicken kann. Habt ihr euch damit beschäftigt? Was sagt ihr dazu, was eure Vorgängern so gemacht haben und habt ihr Kontakte zu Leuten die früher am OS aktiv waren?

Martin: Das Problem damals wie heute war, das die Protestkultur immer innerhalb des Hauses geblieben ist. Man war so sehr mit sich selbst beschäftigt ,das man nach außen nichts verändert hat. Das wollen wir anders machen.

Tobias: Es gab früher viele witzige und gute Aktionen. Die Pädagogen haben das ganze oft aufgeweicht und den Leuten keine Wand geboten wo sie gegen laufen konnten sondern einzelne zum Beispiel zum Essen eingeladen. So entstehen keine Konflikte und auch keine Reibung. Das ist für eine Organisierung der Kollegiaten kontraproduktiv. Gesamtgesellschaftlich funktioniert es ebenfalls so das Protest in einen bürokratischen Diskurs eingebunden wird und dadurch langsam aber sicher zermahlen wird.

Lea: Bei der Aktion war es für uns wichtig alte Kollegiaten, die früher was gemacht haben, dabei zu haben. Viele Workshops wurden von Alt-Kollegiaten gemacht.


Ein Tag nach der Aktion war die Vollversammlung. Was ist dabei herausgekommen?

Lea: Meiner Meinung nach ist dort gar nichts bei rumgekommen. Es ist in einen heftigen Streit ausgeartet bei dem sich mehrere Leute die ganze Zeit angeschrieen haben. Ich war darauf nicht gefasst und war etwas schockiert. Viele Leute sind gegangen weil sie so etwas keine Lust hatten.

Martin: Die Leute, die den Aktionstag vorbereitet haben waren relativ fertig von den Anstrengungen und auch wenn es ein Erfolg war, nervlich sehr angespannt. Bei der Vollversammlung kam es dann nicht zu einer Reflektion des vergangenen Tages sondern die Emotionen sind bei den Gegnern und Befürwortern hoch gekocht. Im Prinzip fanden alle die Besetzung gut aber bei allem anderen gingen die Meinungen weit auseinander. Ein paar Leute haben die Vollversammlung scheinbar zu ihrem persönlichen Schlachtfeld erklärt und dann hat es sich so hochgeschaukelt, dass sich einige angeschrieen haben. Mit dem was wir gemacht haben wurde nicht konstruktiv weitergearbeitet.


Woran hat sich den der Streit konkret hochgezogen?

Martin: Der Tag war ungünstig gewählt weil Leute die in einem Monat Abitur machen da Klauseren hatten. Wir haben unterschätzt wie hoch der Stress jetzt schon für diese Leute ist.