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Werkstattgespräche (04.05.2005)





Wie lebt es sich auf Bielefelds schillerndster Baustelle? Wir fragen Menschen hinter den Kulissen des Stadttheaters, wie sie arbeiten und was der Umbau für sie bedeutet. Heute: Die Journalredaktion im Gespräch mit Tischlerin Grace Mary Kranz. (Bild: Zoe Pape)


Interview: Aiga Kornemann

Tischlern am Theater, das klingt aufregend. Bauen Sie auch Trickkisten, geheime Falltüren?

Grace Mary Kranz: Das kommt bei uns eher selten vor. Da ist meist der Schlosser gefragt, der sich dann einen Federmechanismus oder ähnliches einfallen lässt. Hier bei uns in den Werkstätten ist Zusammenarbeit angesagt. Viele Bauteile haben zum Beispiel ein Untergestell aus Eisen. Darum kümmert sich die Schlosserei. Erst dann kommen wir Holzwürmer, beplanken das oder machen den Rest. Wir sind zu sechst, zwei Tischlerinnen und vier Männer. Immer zwei arbeiten an einer Bank und mit meinem Kollegen Peter, mit dem ich mittlerweile zusammen arbeite, verstehe ich mich sehr gut.


Sie sind eher zierlich. Was machen Sie, wenn große Holzteile zu schleppen sind?

Mein engster Kollege hat leider schon zwei schlimme Bandscheibenvorfälle gehabt, was nicht ungewöhnlich ist für unseren Beruf. Der muss auch immer gucken, dass er sich nicht überreißt. Wir achten darauf, dass wir beim Heben in die Knie gehen oder holen uns einen Wagen. Und wenn es gar nicht geht, packen die anderen mit an, das ist gar kein Thema.


Wie kommen die Aufträge in die Werkstatt?

Thomas, unser Vorarbeiter, sitzt jetzt gerade zum Beispiel in einer Besprechung für „Die Weber“. Er kriegt einen ersten Einblick, und bringt die ganzen Zeichnungen mit in die Werkstatt. Dann verteilt er die Aufträge an uns. Wir haben einen Zettel an der Wand, wo wir immer sehen können, was bis wann fertig sein muss. Manchmal kommen auch die Bühnenbildner zu uns in die Werkstatt, dann können wir sie selber fragen, wenn uns etwas nicht klar ist. Zur technischen Einrichtung muss das Bühnenbild fertig sein. Aber das heißt nicht, dass wir dann erst fertig sein müssen. Unser Termin liegt früher, weil alle Sachen von der Tischlerei aus noch in die Deko kommen, wenn etwas bespannt werden muss, und natürlich in den Malersaal. Wir achten schon darauf, dass die armen Maler unseretwegen nicht zu doll in Schweiß geraten. Erst dann geht es ab ins Tor 6 oder die Oetkerhalle.


Ist es etwas besonderes, fürs Theater zu tischlern?

Auf jeden Fall. Es ist echt spannend, kein Tag ist wie der andere. Manchmal stehe ich morgens auf und denke, heute machst du in aller Ruhe dies und das fertig. Das klappt nie, plötzlich steht einer hinter uns und sagt: Könnt Ihr mal eben? »Mal eben« ist unser Lieblingswort. »Mal eben« dauert oft am längsten.


Was waren die verrücktesten Sachen, die Sie gebaut haben?

Für »Arabella« haben wir eine Spezialschräge gebaut, schräg in alle Richtungen, das hat Spaß gemacht. So etwa ist natürlich viel spannender, als gerade Wände zu bauen. Die kleinsten Sachen mache ich, wenn die Requisite in Zeitnot ist und ich gerade Zeit übrig habe. Für den »Sturm« zum Beispiel habe ich ein winziges Klavier gebaut.

Für ein anderes Stück haben Peter und ich den Bug eines Schiffs gebaut, mit allen Wölbungen, oben sollten die Schauspieler stehen. Da haben wir lange dran gebastelt. Natürlich hat uns das Ding sehr an den Film »Titanic« erinnert, im Geist hab ich immer die beiden oben stehen sehen, sie mit ausgebreiteten Armen, er dahinter. Der Bau war aufwendig, wir haben lange gebastelt, bis unsere Titanic fertig war.