Webwecker Bielefeld: haushaltssorgen01

Sorgen um den Staatshaushalt (04.05.2005)



Zum Start des Sommersemesters an der Universität Bielefeld bot eine Vollversammlung am vergangenen Donnerstag den Studierenden der Hochschule eine Gelegenheit, sich über die drohenden Studiengebühren zu informieren und Aktionen dagegen zu planen. Aber nur knapp einhundert von ihnen nahmen sie wahr.


Von Mario A. Sarcletti

Am 26. Januar entschied das Bundesverfassungsgericht aufgrund einer Normenkontrollklage einiger CDU-regierter Länder, dass das Studiengebührenverbot im Hochschulrahmengesetz des Bundes dessen Gesetzgebungskompetenz überschreite. Für Gebührengegner war der Zeitpunkt denkbar ungünstig, die vorlesungsfreie Zeit stand bevor. Deshalb beschloss die Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Uni Bielefeld damals, Studiengebühren zum Start des Sommersemesters noch einmal zum Thema einer Vollversammlung zu machen. Bereits im Februar hatte die Studierendenvertretung dieses höchste Gremium der Studierendenschaft einberufen, der Versammlung folgte eine Spontandemonstration von etwa 200 Studierenden (WebWecker berichtete).

Am vergangenen Donnerstag fand die geplante Vollversammlung nun statt, aber nur etwa einhundert der mehr als 16.000 Studierenden der Universität verirrten sich in das Auditorium Maximum der Uni, das immerhin mehr als 1200 Personen Platz bietet. Das geringe Interesse ist angesichts der bevorstehenden Landtagswahl auch deshalb erstaunlich, weil die Informationsveranstaltung den angehenden Akademikern auch die Möglichkeit bot, sich über die Position der Parteien zu informieren. »Was hier in NRW in Bezug auf die Gebühren demnächst passiert, hängt von den Wahlen ab«, verwies Stefan Bienefeld vom AStA auf die Brisanz der Frage.

»Die Unionsländer haben nach der Entscheidung in Karlsruhe gejubelt und wollten zum kommenden Wintersemester Gebühren einführen«, beschrieb Bienefeld die Reaktion der Kläger gegen das Verbot. Auch Vertreter der nordrhein-westfälischen CDU verkündeten prompt, dass sie im Falle des Wahlsiegs am 22. Mai ab Oktober von Studierenden ab dem ersten Semester 500 Euro erheben wollen.

»Aber dann haben sie gemerkt, dass das BVG auch gesagt hat, dass das irgendwie sozialverträglich gestaltet werden muss, seither ist von der CDU nicht mehr viel zu hören«, sagte Bienefeld. Er glaubt nicht, dass die Christdemokraten bei einem Wahlsieg die Gebühren bereits zum kommenden Wintersemester die Gebühren einführen können. »Auch wenn Schwarz-Gelb gewinnt, würde es bis Mitte nächsten Jahres dauern«, vermutet er. Er vertraut aber nicht darauf, dass bei bleibenden Machtverhältnissen ein Erststudium gebührenfrei bleibt: »Ich bin auch bei Rot-Grün relativ skeptisch, dass die Gebührenfreiheit bleibt, wenn der Druck aus den anderen Bundesländern kommt«, erläuterte er der Vollversammlung seine Einschätzung.

SPD und Grüne haben sich zwar auf ihren aktuellen Parteitagen gegen Gebühren für alle ausgesprochen und angekündigt, das Studienkontenmodell beibehalten zu wollen, nach dem ein Erststudium in gewissem Umfang gebührenfrei bleibt. Ab 2007 sollen nach dem Willen der Landesregierung die tatsächlich beanspruchten Leistungen von diesem Studienkonto abgebucht werden. Bis dahin gilt die Pauschalabbuchung, Studierende, die die Regelstudienzeit von durchschnittlich neun Semestern um das Eineinhalbfache überschritten haben, müssen 650 Euro pro Semester bezahlen. Insofern entspricht das großflächig und flächendeckend plakatierte Versprechen Peer Steinbrücks eines gebührenfreien Erststudiums nur bedingt der Wahrheit.