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Alarmierend kreativ (Teil 2)








Dagmar Selje griff ein Thema auf, das Kindern durchaus im Kopf herumläuft, über das sie aber kaum sprechen können: Der Tod. ›Claras Tod‹ heißt das Stück von Simone Tank, das diese auch als Puppenspielerin gemeinsam mit Dagmar Selje umgesetzt hat. Claras Schwester ist bei einem Unfall gestorben, viele Fragen bleiben. Dann befreit Clara die Wichtelfee Wanda, einen Wunsch hat sie frei. Clara will ihre Schwester wieder haben – ein Wunsch, den die Fee allerdings nicht erfüllen kann. Wanda nimmt Clara stattdessen mit auf eine Reise und gibt ihre Antworten über Leben und Tod.














Leben und Tod war auch das Thema des Tunneltheaters. Es begleitete die Besucher von den Puppenspielen bis zum Theaterhaus in der Feilenstraße. Das Tunneltheater zeigte auf dem Weg durch die Innenstadt kleine Passagen aus ihrem nächsten Stück ›Der grüne Kakadu‹ von Arthur Schnitzer, in dem es um Sein und Schein der französischen Revolution, um Liebe, Verrat und Tod geht. Im Oktober beginnen die Aufführungen in der Hammer Mühle.








Im Theaterhaus in der Feilenstraße angekommen, wartete schon das Mobile Theater. Es zeigte Ausschnitte aus seinem neuen Stück ›Der Maler‹ von Roger Vitrac. Einen Ausflug in die Surrealität bietet dieser Einakter von 1929, den das Mobile Theater in deutscher Erstaufführung zeigte. In dem Stück gerät so ziemlich alles durcheinander – selbst der Maler weiß nicht mehr, ob die von ihm gestrichene Tür grün oder rot ist.











Grün ist die Hoffnung, sagt der Volksmund. Und diese hat Frau Maier definitiv noch nicht aufgegeben. Denn der Hausbesitzer Herr Huber mag die Ordnung, was mit einer gewissen Abneigung gegen Tiere korrespondiert. Doch Frau Maier lehrt in das Lieben und bringt in seinen Armen den Spatz Fritz zur Welt. ›Spatz Fritz‹, ein rattenscharfes Theaterstück für Kinder, mit dem das Trotz-Alledem-Theater seit November 2004 auf Tour ist.





Trotz alledem: Danach hieß es für die Tourbesucher erst einmal Busfahren, in der gewohnt sinnstiftenden Begleitung von Heinz Flottmann: Der zeigte sich als aufgeweckter Reiseführer an Bord der Maschine, und hatte allerlei Bemerkungen über Eigentümlichkeiten am Rand der Flugroute nach Bethel parat. So ließ es sich äußerst despektierlich über die neue Orangen-Kiste zwischen Hauptbahnhof und Bielefelder Westen aus.


















In Bethel spielte das Volxtheater der Theaterwerkstatt Bethel die Drei Groschen Oper von Brecht, Weill und Hauptmann. Eine großartige, spritzige und überraschende Inszenierung, die das Volxtheater an diesem Abend wohl zum allerletzten Mal zeigte. Unter der Regie von Kai Büchner und Matthias Gräßlin gelang ein wunderbares Stück Geschichte, voll von komischen Momenten und doch auch getragen von der Sozialkritik an den Verhältnissen, die sich so wunderbar auf die düstere Hartz-IV-Gegenwart übertragen lässt. Sätze wie »Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?« haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren und entfalten ihren subversiven Charme besonders dann, wenn man weiß, dass die Sparkasse Hauptsponsor der Nachtreise ist. Wer die Inszenierung nicht gesehen hat, dem ist nicht mehr zu helfen und er muss für immer darben. Denn das Volxtheater spielt inzwischen »Methamorphosen – Tanz- und Musiktheater auf den Spuren des Ovid«.