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Fischermans friends (31.08.2005)





Will mit den Grünen einen gesetzlichen Anspruch auf Kleinkinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr durchsetzen: Joschka Fischer




Von Manfred Horn

»Sind sie zu stark, bist Du zu schwach«, heißt es in der Werbung für diese Lutschbonbons. Joschka Fischer kämpft noch: Um seine Stimme und um die Stimmen der Wähler. Seine eigene ist durch zahlreiche Wahlkampfauftritte so angeschlagen, dass sie einem Krächzen entspricht. Und die Stimmen der Wähler sind auch keineswegs sicher, auch wenn sich die Grünen in den Umfragen stabil zeigen.

Als Fischer am Samstag Mittag auf den Rathausplatz kam, hatten sich dort gut 1.000 Fischer-Freunde eingefunden. Der Bundesaußenminister kam schnell zur Sache und redete gut 50 Minuten lang. Beschwörend warnte er vor einem Kurswechsel in der Politik, der ein Ende der sozialen Gerechtigkeit bedeute, falls eine schwarz-gelbe Koalition an die Regierung komme.

Fischer wäre nicht Fischer, wenn er seine entschlossene Rede nicht hier und da mit ein paar Bonbons gewürzt hätte: Er griff den Slogan CDU und FDP auf, der da lautet: »Vorfahrt für Arbeit«. Seine Antwort: »Hat Merkel überhaupt einen Führerschein«. Nicht nur Merkel kriegte auch ihr Fett ab, auch Oskar Lafontaine, der für die Linkspartei.PDS antritt. Er habe zu gemeinsamen Kabinettszeiten kein schlechtes Verhältnis zu Lafontaine gehabt, bis dieser auf einmal verschwunden sei. Wer haltlose Versprechungen mache, betreibe die Arbeit der Neoliberalen, polemisierte Fischer in Richtung Lafontaine und sprach von einer PDS/ML. Wer da spontan an vergangene Jahrzehnte denkt und aus ML in seinem Kopf ein ›marxistisch-leninistisch‹ formt, liegt falsch. Fischer und andere Grüne meinen damit eine PDS mit Lafontaine und sprechen damit der WASG ab, überhaupt Partner der PDS werden zu können oder zu wollen. Was immer man von Lafontaine halten mag, er ist allgegenwärtig. Lafontaine-bashing ist gerade ein beliebtes Spiel einer großen Koalition von Spitzenpolitikern außerhalb der Linkspartei. Auch die CDU-Vorsitzende Merkel merkte bei ihrem Bielefelder Auftritt vor einer Woche an, dass sie wahlkämpfe, während Lafontaine im Urlaub sei. Ihr Motto: Die Linke ist faul, Lafontaine besonders. Von so jemand will doch niemand regiert werden.


Steigender Ölpreis als Chance

Fischer hatte auch Ernsthaftes zu sagen: Der steigende Ölpreis eröffne zunehmend Chancen für alternative Energien, hier müsse Deutschland zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. Dazu zählte er erwartungsgemäß nicht die Atomenergie, die sei der »Rückwärtsgang in die 70er Jahre«. Auch in der Landwirtschaft wolle die CDU/CSU zurück in die Vergangenheit. Dabei sei Verbraucherschutz durchaus auch im Interesse der Landwirtschaft, betonte Fischer. Die großen Krisen des Agro-Business der Vergangenheit belegten dies. Fischer jedenfalls »will nicht ins Genlabor«.

Fischer verteidigte Hartz IV, er wolle nicht zurück zur Armutsverwaltung für Sozialhilfeempfänger. Aus der Sozialhilfe seien Jugendliche ein Leben lang nicht mehr herausgekommen, dies sei nun anders. Im Detail äußerte er zwar Kritik, verteidigte aber den für den Arbeitsmarkt »aktivierenden« Charakter von Hartz IV. Komme die »flat tax«, also die Einheitssteuer, wie vom Steuerexperten Paul Kirchhof vorgeschlagen, der zum CDU-Kompetenzteam gehört, sei dies das Ende der sozialen Gerechtigkeit im Steuersystem. »Da werden viele dann vier Jahre lang in den Tisch beißen«. Wettbewerb im Sozialsystem heiße nicht Verabschiedung der Solidarität.



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