Webwecker Bielefeld: lebenslauteaktion02

Lebenslaute gegen Abschiebungen (Teil 2)






Eine Vertreterin der Karawane-NRW für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten, in deren Rahmen die Demonstration stattfand, wies anschließend in einer kämpferischen Rede darauf hin, dass Asyl ein Menschenrecht und kein Privileg sei. »Wir sind auf der Flucht, weil ihr unsere Länder zerstört«, betonte sie die Verantwortung der Industriestaaten für Flucht und Vertreibung. »Jeder Mensch, der fünf Jahre in einem Land lebt, hat das Recht da zu leben«, erklärte sie.

Auf dem Weg zur ZAB am Stadtholz legte der Demonstrationszug anschließend einen Stopp am Arbeitsamt ein. Kathrin Dallwitz vom Bielefelder Flüchtlingsrat erläuterte hier den Zusammenhang von Hartz IV und staatlichem Rassismus. »Hartz IV und das Zuwanderungsgesetz sind zeitgleich eingeführt worden und das ist kein Zufall«, vermutete sie. Eine Gemeinsamkeit der beiden Gesetze sei unter anderem, dass sie sich in Ideologie und Menschenbild an der »Vernutzbarkeit von Arbeitskräften« orientierten. Die am 1. Januar eingeführten Ein-Euro-Jobs etwa seien vor über zehn Jahren bereits im Asylbewerberleistungsgesetz festgeschrieben worden.

Die Diskriminierung von Flüchtlingen zeige sich auch darin, dass die Leistungen nach diesem Gesetz noch dreißig bis vierzig Prozent unter dem Arbeitslosengeld II liegen, empörte sich Dallwitz. Die von der CDU verbreitete Mär von der »Zuwanderung in die sozialen Netze« sei angesichts dieser Zahlen absurd. Ebenso absurd sei es, dass Flüchtlinge, die ihre Unabhängigkeit von Sozialleistungen nachweisen müssten, einen Regelsatz von 110 Prozent des ALG II plus die Miete nachweisen müssten. »Ihnen wird also ein Bedarf fiktiv errechnet, den sie nie bekommen würden«, sagte Dallwitz. Dies werde auch in Bielefeld praktiziert und erschwere die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und Familienzusammenführungen.

Gegen 16 Uhr erreichte der Demonstrationszug schließlich die Zentrale Ausländerbehörde, wo Lebenslaute noch einmal aufspielte. Neben Stücken von Bela Bartok, der vor den Nazis in die USA fliehen musste, gab die Gruppe eine neue Fassung des Kinderlieds vom Baggerführer Willibald zum Besten. In der reißt der Baggerführer mit seinem Bagger die ZAB ab. Nach dem Lied löste sich die Demonstration auf.

Die zum Abschied formulierte Ankündigung »Heute ist nicht aller Tage, wir kommen wieder keine Frage« machten einige Demonstranten gleich am nächsten Morgen wahr. Über längere Zeit blockierten die Musiker die Zufahrt und einen Eingang der ZAB und versuchten mit deren Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. Die wollten sich aber großteils nicht zu der Aktion äußern oder beriefen sich darauf »nur ihre Pflicht zu tun«. Polizeibeamte beendeten die Blockade nach gut einer Stunde.