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»Da gibt es nichts zu fordern« (Teil 2)



Welche osteuropäischen Länder meinen Sie?

Je nach Branche Polen, Bulgarien, Rumänien. In vielen Ländern um uns herum gibt es niedrigere Steuersätze im Lohnbereich, andererseits eine höhere Mehrwertsteuer. Um uns herum kann einfach günstiger produziert werden.


Aber in osteuropäischen Ländern findet sich aber auch ein wesentlich weniger ausgebauter Sozialstaat.

Wir haben den besten Sozialstaat in Europa, das kostet Geld. Unser Ziel ist, die Lohnkosten zu senken, also die Sozialkosten von den Lohnkosten abkoppeln. Dies fördert Arbeitsplätze und nur wenn es mehr Beschäftigte gibt, kann unser Sozialstaat bezahlbar bleiben.


Angela Merkel hat in ihrer Rede in Bielefeld zwei Dinge betont: Innovationen seien nötig, die Devise laute auch: nicht billiger, besser wolle man sein. Spielt denn dann die Senkung der Lohnnebenkosten um zwei Prozent eine Rolle, wenn man so gute Produkte hat?

Wir sagen: Was wir teurer sind, müssen wir auch besser sein. Wir werden ein Teil der Lohnnebenkosten senken, aber wir werden nie auf das Niveau kommen, das Länder haben, mit denen wir am Arbeitsmarkt konkurrieren. Das wollen wir auch nicht. Wir müssen andere, bessere Produkte und Dienstleistungen bringen. Aber wir müssen trotzdem sehen, dass die Kosten im Rahmen bleiben. Es geht schließlich auch darum, dass die Betriebe wieder mehr einstellen und wir die Arbeitslosigkeit senken.


Was macht Sie da so optimistisch? Massenarbeitslosigkeit existiert, unabhängig ob SPD- oder CDU-geführte Regierung, seit Mitte der 1970er Jahre. Die CDU will nun nicht nur die Lohnnebenkosten senken, sondern beispielsweise auch den Kündigungsschutz aufweichen – er wäre dann nur noch gültig für Betriebe mit mehr als 20 Arbeitnehmern – oder betriebliche Bündnisse zu ermöglichen. Warum nehmen die Unternehmen die dann zusätzlich entstehenden Gewinne nicht einfach mit oder investieren sie gar im Ausland?

Jedes Unternehmen ist darauf ausgerichtet, Gewinne zu machen. Niemand ist an Stillstand interessiert, Unternehmen wollen wachsen. In den letzten Jahren haben hingegen viele Unternehmen Arbeitsplätze abgebaut. Wir setzen darauf, die Unternehmen wieder Mut zu Investitionen haben und in Deutschland Arbeitsplätze anbieten. Den kleineren Betrieben fallen Neueinstellungen leichter, wenn der Kündigungsschutz für diese Neueinstellungen weniger starr ist. Für die bereits bestehenden Arbeitsplätze soll weiterhin der bisherige Kündigungsschutz gelten.

Und die Bevölkerung bekommt Mut, wieder mehr zu konsumieren. Denn die bisher Konsumflaute ist vor allem auf die Angst vor Arbeitslosigkeit zurückzuführen. In den vergangenen Jahren hat es viele politische Versprechungen gegeben, die nicht eingehalten worden sind. Das hat die Menschen verunsichert. Nun die Wende zu schaffen, ist nicht einfach. Wir haben ein Gesamtkonzept aufgelegt, das im Ganzen umgesetzt werden muss. Hier und da mal ein bisschen verbessern, das funktioniert nicht.


Es gab in den vergangenen Jahren aber nicht nur Verlierer, viele große Unternehmen haben außerordentlich gut verdient.

92 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind mittelständische Unternehmen. Die großen Unternehmen können weltweit agieren. Das Handwerk aber arbeitet vorwiegend im regionalen Bereich – und hat in den letzten Jahren eine Million Arbeitsplätze verloren. Da ist ein riesiges Potenzial. Wenn man nur diese Arbeitsplätze zurückholen könnte, wäre man schon ein Schritt weiter. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die auch kleinen wieder den Mut machen, einen Schritt voranzugehen.