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Hermannsdenkmal symbolisch besetzt (05.10.2005)





Gute Adresse: Hermann hätte bestimmt auch abgeschoben, auch wenn er hier im Nebel tappt. Deswegen kleidet das Transparent schon den Richtigen



Mit einer symbolischen Besetzung des Hermannsdenkmals protestierten etwa sechzig Personen am Tag der Deutschen Einheit gegen Abschiebungen. Polizei war nicht vor Ort, die Aktion verlief ohne Zwischenfälle.


Von Mario A. Sarcletti

Das herrliche Herbstwetter lockte am Tag der Deutschen Einheit viele Spaziergänger zum Hermannsdenkmal unweit von Detmold. Die staunten nicht schlecht, als um 14 Uhr – der Nebel um das Denkmal hatte sich gerade gelichtet - ein fünfzehn Meter langes Transparent von der Aussichtsplattform herabgelassen wurde. »Abschiebungen stoppen« war darauf zu lesen.

»Wenn Ausländer etwas angestellt haben, dann müssen sie gehen« erklärte ein Vater seinem Sohn. Dass der Mann falsch lag, hätte er in einem Flugblatt nachlesen können, das zahlreiche Demonstranten unter die Ausflügler brachten. In dem ging es auch um die Abschiebehaftanstalt in Büren. »Zur Zeit befinden sich dort 250 Menschen, die nicht etwa eine kriminelle Tat begangen haben, wie in der öffentlichen Meinung vielmals angenommen wird, sondern weil ihr Asylantrag in Deutschland abgelehnt wurde oder auch nur, weil sie einen gestellt haben«, informierte das Flugblatt. Auch die Homepage der Haftanstalt widerspricht der Meinung des Familienvaters: »Die Haftgründe sind nur im Ausländergesetz zu suchen«, heißt es da.

Den Tag der Deutschen Einheit wählte das veranstaltende »Bündnis gegen Abschiebungen OWL« für den Protest, da der Tag nicht für alle Menschen ein Feiertag sei. »Flüchtlinge und Personen ohne deutschen Pass werden zwar subtil, aber nachhaltig von dieser Einheit ausgeschlossen«, sagte ein Sprecher des Bündnisses am Hermannsdenkmal. »Seit der Öffnung der innerdeutschen Grenze werden die Außengrenzen für Flüchtlinge abgeschottet«, fügte er hinzu. Deutschland habe seither eine Vorreiterrolle beim Bau der Festung Europa übernommen. Diese Abschottung habe tödliche Konsequenzen, seit 1993 seien mehr als 5000 Menschen bei dem Versuch ums Leben gekommen, nach Europa zu flüchten.

Der Sprecher nannte in seiner Rede weitere Zahlen. 121 Menschen seien seither allein an den deutschen Ostgrenzen gestorben. Zwischen 1997 und 2001 seien 102 Flüchtlinge beim versuchten Grenzübertritt durch Maßnahmen der Bundesgrenzschutzbeamte verletzt wurden, 83 von ihnen durch Hundebisse. »Das ist auch richtig so«, kommentierte ein Passant die Zahlen.

Ob der auch so über die 79 Flüchtlinge dachte, die seit 1993 durch rassistische Übergriffe getötet wurden, blieb sein Geheimnis. Als der Sprecher des Bündnisses zu diesen Zahlen kam, war der deutsche Spaziergänger schon verschwunden. »Der rechte Mob hat 79 Menschen umgebracht, der Staat 323«, rechnete der Sprecher den verbliebenen Zuhörern vor.

Er verwies auch auf die Rolle der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) in Bielefeld bei den 300.000 Abschiebungen seit 1993. Bei der Behörde, einer Einrichtung der Stadt Bielefeld, müssen zum einen Flüchtlinge aus den Regierungsbezirken Detmold, Arnsberg und Münster ihren Asylantrag stellen. Die zweite Aufgabe der Behörde ist die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. »Im vergangenen Jahr führte die ZAB Bielefeld 1400 Abschiebungen durch«, berichtete der Sprecher. Bei insgesamt 23000 bundesdeutschen Abschiebungen ist das ein Spitzenwert. »In keinem Landkreis Deutschlands ist die Zahl so hoch wie in Bielefeld«, sagte der Bündnissprecher.