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Datenkraken ausgezeichnet (Teil 3)





Rena Tangens vom FoeBuD nahm das Organisationskomitee der Fußball-WM in den Blick


Dem Datenschutzbeauftragten wurde in diesem Fall die Einsicht in die Akten verwehrt. Der Umgang mit den für den Datenschutz Zuständigen ist es auch, der dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff einen »Oscar für Überwachung« (Le Monde) einbringt. Denn in Niedersachsen soll dem Datenschutzbeauftragten am 1.Januar 2006 die Datenschutzaufsicht für die Wirtschaft entzogen werden, zukünftig soll das Innenministerium für sie zuständig sein.

In anderen Bundesländern ist aufgrund der EU-Datenschutzrichtlinie vom Oktober 1995 hingegen der gegenteilige Trend zu erkennen, denn die fordert die Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht. Dennoch verwies die niedersächsische Staatskanzlei in der Pressemitteilung zur Aufgabenverlagerung auf Bayern und Baden-Württemberg, in denen diese Aufgabe beim Innenministerium beziehungsweise einer Bezirksregierung angesiedelt ist. Da in diesen Bundesländern »die betroffenen Bürgerinnen und Bürger von der Datenschutzaufsicht nahezu nichts merken«, so Laudator Werner Hülsmann vom »Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung«, würde in den beiden Bundesländern jedoch über »die Herauslösung der Datenschutzaufsicht aus dem Bereich der Innenministerien zumindest nachgedacht«.

Werner Hülsmann begründete auch, warum aus seiner Sicht der Datenschutz nicht beim Innenminister angesiedelt sein sollte: »Nicht selten lassen Entscheidungen von bei Regierungspräsidien und Innenministerien angesiedelten Datenschutzaufsichtsbehörden in verschiedenen Bundesländern vermuten, dass auch die Interessen der Sicherheitsbehörden bei der datenschutzrechtlichen Beurteilung mitentscheidend waren«, sagte Hülsmann. So habe das Regierungspräsidium Darmstadt die Speicherung von Internet-Verbindungsdaten von Flatrate-Kunden über ein halbes Jahr genehmigt, das zuständige Verwaltungsgericht die Entscheidung aber als gesetzeswidrig kassiert. An diesen Datenbeständen hätten die hessischen Sicherheitsbehörden ebenso ein »natürliches Interesse«, wie die Baden-Württembergs an den Fingerabdrücken der Bürger, die damit im Supermarkt bezahlen wollen.

Werner Hülsmann vermutet, dass mit der Kompetenzbeschneidung der niedersächsische Datenschutzbeauftragte für kritische Stellungnahmen abgestraft werden soll. Da der niedersächsische Ministerpräsident zudem gemeinsam mit Roland Koch einen Gesetzesentwurf in den Bundesrat eingebracht habe, nach dem bedeutend weniger Unternehmen einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten einstellen müssen, kämen für ihn bei der »Zerschlagung der Datenschutzbehörde« keine mildernden Umstände in Betracht.

Wenn er denn jemals eine Chance auf mildernden Umstände gehabt hätte, hat Otto Schily sie spätestens mit der Durchsuchung der Redaktion des Monatsmagazins Cicero sowie der Wohnung eines Redakteurs und seinen darauf folgenden Äußerungen verspielt. Die Affäre erinnerte schließlich eher an Verhältnisse in einigen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, als an eine westliche Demokratie, die sich zumindest noch den Anschein von Pressefreiheit gibt. Den Verstößen des scheidenden Innenministers gegen bürgerliche Rechte angemessen war denn auch der lautstarke Applaus, als Schily von Laudator Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschrechte den Big Brother Award für sein Lebenswerk zugesprochen bekam.