Webwecker Bielefeld: jakobleiter

Jacob Shepetinski, »Die Jacobsleiter. Erinnerungen eines Shoa- und Gulag- Überlebenden« (Dezember, 2005)



Titel: »Die Jacobsleiter. Erinnerungen eines Shoa- und Gulag- Überlebenden«

Jacob Shepetinski wurde 1920 in Slonim geboren, damals eine kleine Stadt im östlichen Polen, in der zu dieser Zeit über 80 % der Bevölkerung Juden und JüdInnen waren. Heute gehört Slonim zu Weissrussland. Jacob Shepetinski lebt in Ramat Gan in Israel. Trifft man diesen agilen, äußerst lebendigen, sehr direkten alten Mann z.B. während einer Lesung, dann kann man kaum fassen, was er persönlich erlebt, überlebt hat: den Holocaust, Partisanenkämpfe, die Offensive der Roten Armee gegen Nazideutschland, 10 Jahre Gulag und anschließend 5 Jahre Verbannung.

Jacob Shepetinski und seine jüdische Familie waren wie viele andere in ihrem Umfeld nicht unwissend, was der Beginn des 2. Weltkrieges mit dem Überfall auf Polen für sie bedeuten würde: »Wir hatten am Radio die Reden von Goebbels gehört, Hitlers »Mein Kampf« gelesen. Die Haare standen uns zu Berge ob des Gehörten und des Gelesenen«. Zusammen mit einem Lehrer bewerten sie die Pläne in Bezug auf die Ermordung der JüdInnen als unglaublich, auch organisatorisch nicht durchzuführen, sie irrten.

Am 24. Juni 1941 erreicht eine Vorhut der deutschen Armee Slonim und schon Anfang Juli verwalten u.a. der Sicherheitsdienst, die Gestapo und die Gendamerie den Ort. Ein Judenrat wird eingesetzt und direkt nach einer seiner ersten Aufgaben, dem Einsammeln von Gold, erschossen, er habe betrogen. Ein neuer Judenrat wurde eingesetzt, nochmals Wertgegenstände geraubt, der Gelbe Stern wurde zur Pflicht.

Bei einer ersten Aktion am 17.Juli werden 1153 jüdische Männer in einem Wald kurz vor dem Ort erschossen. Mitte August wird die jüdische Bevölkerung, ca. 35.000 Menschen ins Ghetto gezwungen, ein viel zu kleiner Teil des Ortes, der hermetisch abgeschlossen wurde. So gab es keine Möglichkeit mehr, Nahrung oder andere notwendige Dinge zu organisieren. Jacob Shepetinski wird zu Zwangsarbeit selektiert . Er unterstützt durch den Schmuggel von Waffenteilen den Widerstand im Ghetto.

Am 14. November 1941 findet eine weitere große Aktion statt, 8000 Menschen werden erschossen, Jacob Shepetinski überlebt und kann sich aus dem Leichenberg befreien. Er flüchtet zu seiner Familie ins Ghetto, die glücklicherweise noch lebt, mit den Worten »Vergiss es, du warst nicht dort« wird er zurück zur Zwangsarbeit geschickt. Er muss schweigen, um als Zeuge des Massenmords nicht wie 9 weitere Überlebende liquidiert zu werden. In Sommer des folgenden Jahres flieht Jacob Shepetinski mit seiner Familie zu den Partisanen, dort müssen sie sich gegen antisemitische Vorbehalte und Anfeindungen verteidigen.

Jacob Shepetinki wird in eine kämpfende Partisaneneinheit aufgenommen, die entscheidet, nach Osten zu ziehen, um sich in die Front der sowjetischen Armee einzugliedern. Im Juli 1944 wird Jacob Scepetinski Soldat der Roten Armee, mit dem Wunsch, seine Familie zu rächen. Die Front rückt immer weiter gen Westen und er gelangt mit seiner Einheit bis nach Berlin. In der Folge wird er aufgrund seiner in der Schule erworbenen Deutschkenntnisse als Dolmetscher für die Armee eingesetzt. Bei einem Verhör verliert er emotional die Kontrolle und erschießt eigenmächtig einen Nazi, das hat für Shepetinksi bittere Konsequenzen, er wird nach langer Haft und Folter des Landesverrat angeklagt und am 28.Oktober 1946 zu 10 Jahren Gulag und 5 Jahren Aberkennung der staatsbürgerlichen Rechte verurteilt.