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Weiter schwierig (07.12.2005)





Der Abgeordnete Kanagaratnam: Zu wenig Fachleute vor Ort


Von Manfred Horn

Sathasivan Kanagaratnam, Abgeordneter der Tamilischen Partei, weilte in der vergangenen Woche für einen Kurzbesuch in Bielefeld. Er konnte direkt über den Wiederaufbau der durch die Flutkatastrophe vor knapp einem Jahr berichten. Seine bisherige Bilanz fällt allerdings bescheiden aus: In Bielefelds Partnerregion Mullaittivu, für die Kanagaratnam ins Parlament gewählt wurde, ist man noch mit dem Nötigsten beschäftigt. Bis auf das Krankenhaus steht noch nichts wieder, die Infrastruktur ist nach wie vor zerstört.

Die von der Flutwelle getroffenen leben nach wie vor in nach der Flut zusammengezimmerten Übergangshäusern. Alles ist ein Provisorium, selbst die Schulen. Die Menschen, die Stadt Mullaittivu zählt gut 5.000 Einwohner, versuchen wieder normal zu arbeiten. Die meisten von ihnen sind Fischer. Zumindest sind wieder Boote und Netze vorhanden. Diese wurden von internationalen Hilfsorganisationen gespendet. »90 Prozent können wieder raus fahren«, sagt Kanagaratnam. Was den Fischfang erschwert, ist das Fehlen von Eisfabriken. Vor der Flut gab es fünf, bis heute ist noch keine wieder aufgebaut. Damit können die Fischer ihre Ware nur kurz lagern.

Der Wiederaufbau kommt nur langsam voran, und leidet zusätzlich unter dem Monsun, der zur Zeit immer wieder alles unter Wasser setzt. Kanagaratnam dankte bei seinem Besuch ausdrücklich den Bielefelder Spendern – und ist mit denjenigen, die Vor Ort sind, um zu helfen, nicht immer zufrieden: » Viele kommen, gucken und machen nicht viel«. Es fehle an Fachkräften. Die einheimische Bevölkerung selbst habe zu wenig Erfahrung, um eine solche riesige Aufgabe zu bewältigen. Mullaittivu liegt tief, an einigen Stellen sind bis heute Dinge zu sehen, die die Welle dort hin spülte.


Grundnahrungsmittel von der Regierung

Positiv ist zunächst, dass offenbar niemand Hunger leidet. Reis, Zucker und Linsen kommen von der Zentralregierung. Rund 7 Euro pro Person gibt es pro Monat zusätzlich für andere Lebensmittel. Nicht üppig, aber ausreichend. Vor kurzem fanden in Sri Lanka Präsidentschaftswahlen statt. Diese könnten die Situation verschärfen. Mahinda Rajapakse von regierenden Freiheitspartei (SLFP) gewann die Wahlen hauchdünn. Er steht mit seiner Partei für einen kompromisslosen Kurs gegenüber den Tamile Tigers (LTTE), der tamilischen Organisation, die einen unabhängigen tamilischen Staat vor allem im Norden Sri Lankas fordert. Kanagartnam schätzt die Lage so ein, dass es »mehr Probleme geben könnte«.

Denn der Wiederaufbauprozess auch in der mehrheitlich von Tamilen bewohnten Region Mullaittivu ist auch ein politischer Balanceact. Die internationale Hilfe wird von der Zentralregierung gelenkt, die in der Hauptstadt Colombo sitzt. Die Regierung wird der Freiheitspartei gestellt, einer explizit singhalesischen Partei. Sri Lanka ist ethnisch gespalten, wobei gut zwei Drittel der Bevölkerung singhalesisch sind. Der Waffenstillstand zwischen der Regierung und der LTTE ist brüchig, der Konflikt kann jederzeit wieder blutig werden.

In Bielefeld sind in den vergangenen Monaten 418.000 Euro an Spenden gesammelt worden. Ein Teil des Geldes – 150.000 Euro – soll verwendet werden, um in Kooperation mit der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) eine Schule zu errichten. Zudem sollen in der Region Mullaittivu 25 Wohnhäuser mit dem Bielefelder Geld errichtet werden. Angedacht ist auch, ein Teil des Geldes für ein Berufsbildungszentrum zu geben. Dort könnten dann unter anderem Maurer, Klempner und Elektriker ausgebildet werden – Fachpersonal, das auch für den Wiederaufbau dringend benötigt wird. 50.000 Euro hat der Runde Tisch, der in Bielefeld über die Vergabe der Spendengelder entscheidet, dafür vorgesehen.