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»Politischer Klärungsprozess ist ausgeblieben« (17.05.2006)





Inge Höger: Zu viel Druck auf die beiden Landesverbände





Seit Monaten droht ein Streit die WASG zu zerreißen: Die Landesverbände Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wollen an den Landtagswahlen teilnehmen, die in den beiden Bundesländern noch in diesem Jahr stattfinden. Damit würden sowohl die PDS wie auch die WASG antreten. Die WASG Landesverbände würden damit die Fusion der Parteien, die für 2007 geplant ist, gefährden. Auch das Status der Bundestagsfraktion der Linkspartei, die sich praktisch im Vorgriff auf die Fusion aus PDS und WASG speist, stünde dann auf der Kippe. Die beiden WASG-Landesverbände aber wollten dem rot-roten Treiben, sowohl in Berlin wie auch in Mecklenburg-Vorpommern regieren SPD-PDS-Koalitionen – das Sozialabbau und Privatisierungspolitik einschließt – nicht tatenlos zuschauen.

Am vergangenen Sonntag hat der Bundesvorstand der WASG beschlossen, keine konkurrierenden Wahlantritte in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zuzulassen. Der Bundesvorstand enthob die Vorstände beider Länder ihres Amtes und ersetzte sie durch Beauftragte. Die werden nun namens der Landesvorstände die bereits eingereichten Wahlbeteiligungsanzeigen zurückziehen. Damit würden die Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ohne die WASG stattfinden. Die abgesetzten Landesvorstände indes wollen nicht weichen – und künden juristische Schritte an. Damit wollen sie durchsetzen, doch noch an den Wahlen teilnehmen zu können.

Der WebWecker sprach mit Inge Höger, Herforder Bundestagsabgeordnete der Linkspartei und stellvertretende Fraktionsvorsitzende, nach der Entscheidung des Bundesvorstandes.



Interview: Manfred Horn

WebWecker: Teilen Sie die Entscheidung des Bundesvorstandes?

Inge Höger: Ich fühle mich dabei nicht sehr wohl. Sowohl der Ludwigshafener Parteitag Ende April als auch jetzt die Beschlüsse des Bundesvorstandes haben den Charakter der WASG verändert. Es gibt in der WASG zwar breite Zustimmung für den Parteibildungsprozess einer neuen linken Partei, aber es gibt eben auch viel Kritik an der realen Politik der Regierungsbeteiligung in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Die Lage ist nun auch rechtlich problematisch. Teile der Landesverbände akzeptieren die Entscheidung des Bundesvorstandes nicht. Das wird die WASG in eine lange rechtliche Auseinandersetzung führen.


Lucy Redler, WASG-Spitzenkandidatin für die Berliner Abgeordnetenhauswahl, hat bereits angekündigt, den Beschluss des Bundesvorstandes nicht anzuerkennen. Der Beschluss werde juristisch keinen Bestand haben. Die Taz zitiert sie mit dem Ausspruch, sie habe das »Gefühl von einer historischen Verantwortung«. Steht die WASG vor der Spaltung?

Die Spaltung wurde schon mal vor dem Bundesparteitag in Ludwigshafen angekündigt. Allerdings von anderen. Die hatten angedroht, die WASG zu verlassen und eine Aufbauorganisation zu gründen, die dann mit der Linkspartei die Fusion gestaltet. Die Spaltung wurde dabei von denen angedroht, die die Mehrheit im Bundesvorstand haben. Ich hoffe nicht, dass es zu einer Spaltung kommt.


Ist der Einigungsprozess mit den zwei Landesverbänden gescheitert, weil des Druck unter anderem von Oskar Lafontaine gegeben hat, so mit der Ankündigung einer WASG-Aufbauorganisation?

Es hat diesen Druck gegeben. Damit ist auf dem Bundesparteitag dieser Beschluss zustande gekommen, der die beiden Landesverbände zur Rücknahme der Wahlbeteiligung aufforderte. Dieses Druck-Szenario hat auch die Beschlüsse des Bundesvorstandes am vergangenen Wochenende geleitet.