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Sanfte Mission konnte nicht funktionieren (Teil 2)





Die Bethel-Mission, ein unbedeutender Partner der Kolonisatoren, sagt Hans Walter Schmuhl


1893 gründete Bodelschwingh in Berlin den »Evangelischen Afrikaverein«, der die »Verbreitung christlicher Gesittung und Kultur«, für die »Wahrung der Menschenrechte« und die »Beseitigung des Sklavenhandels und der Sklaverei« befördern sollte. Was zunächst wie ein Widerspruch klingt, war für Bodelschwingh keiner: Er wollte missionieren und gleichzeitig die Menschenrechte bewahren. Die »babarischen Kulte« sollten durch das Christentum ersetzt werden.

Dagegen sollten die Sprachen, Sozialstrukturen, Herrschaftsverhältnisse, Rechtstraditionen, Sitten und Bräuche als eigenständige Kultur respektiert werden. Bodelschwingh wollte eine »Indigenisierung des Christentums«, wie Schmuhl herausstellt. Andererseits wollten Bodelschwingh den Afrikanern zugleich die Vorteile der westlichen Zivilisation vermitteln. All dies wurde in der jeweiligen Landessprache vermittelt, um »den Zugang zur westlichen Zivilisation gleichsam monopolisierten, um die Afrikaner von den – im Sinne der Mission – ›schädlichen‹ Einflüssen dieser Zivilisation abzuschirmen: Intellektualismus, Säkularisierung, Sozialismus«, sagt Schmuhl.

Und er fügt hinzu, dass dieses »sanfte Missionskonzept« gar nicht aufgehen konnte: »Der angestrebte partielle Kulturtransfer war ohne tiefe Eingriffe in die soziokulturellen Strukturen der afrikanischen Gesellschaften nicht möglich«. Dies gelte insbesondere für die Arbeitserziehung, die den Kern des Schulunterrichts auf den Missionsstationen bildete. »Die Folgen einer Erziehung zu einem protestantischen Arbeitsethos – Einführung des Lohnarbeitsprinzips, Einbindung in Marktbeziehungen, Durchsetzung von Privatbesitz – sprengten die überkommenen Arbeitsbeziehungen«. So habe die Bethelmission, »wider Willen«, wie Schmuhl betont, zur Auflösung der indigenen Kulturen beigetragen.


Ambivalent zur Kolonialverwaltung

Das Verhältnis der Bethel-Mission zur deutschen Kolonialverwaltung bezeichnet Schmuhl als »ambivalent«. Zwar waren die Missionare vor Ort gelegentlich auf die Unterstützung der Kolonialverwaltung angewiesen, und hätten auch zur Herrschaftssicherung beigetragen, indem sie die getauften Afrikaner zur »Vaterlandsliebe« und »Kaisertreue« erzogen, gegen staatliche Bevormundung hätten sie sich aber »nachdrücklich verwahrt«, wie Schmuhl hervorhebt. Für die Kolonialverwaltung sei die die Bethel-Mission ein nützlicher, »letztlich aber unbedeutender Bündnispartner« gewesen. Man habe zwar die Schulen und Krankenhäuser der Bethelmissionare geschätzt, sei aber wegen der sehr langsamen Aufbauarbeit der Bethel-Mission, die mehr auf Tiefen- denn auf Breitenwirkung setzte, insgesamt enttäuscht gewesen.

Das Verhältnis der Bethel-Mission zu den Afrikanern sei »von einem milden Paternalismus« geprägt gewesen. Die Afrikaner wurden, wie die Epilepsiekranken Bethels, mit Kindern gleichgesetzt, deren Anlagen es zu entwickeln galt. Die koloniale Rassenpsychologie habe bei den Bethel-Missionaren aber keinen fruchtbaren Nährboden gefunden, sagt Schmuhl.

Das Besondere an der EMDOA sei die Verschmelzung von äußerer und innerer Mission gewesen, die tief greifende Rückwirkungen auf Bethel hatte. Schmuhl spricht von einer »neuen Mitte«. Bodelschwinghs Missionsbegeisterung erfasste die Diakonissen Sareptas und die Diakone Nazareths, die Dozenten und Studenten der Theologischen Schule, die Freunde, Förderer und Spender Bethels. Abordnungsfeiern und Missionsfeste, eine Flut von Missionsschriften, das Missionsmuseum im Missionshaus Philippi, das unausgesetzte Sammeln von Liebesgaben mit Hilfe des »Missionsnegers« – all dies habe den »Missionsfrühling« wach gehalten.