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Wenn schon Krieg – dann ohne uns (Teil 2)



Davor gibt es auch auf dem Jahnplatz eine Performance, »die-in« genannt. Zu Sirenengeheul legt sich ein knappes Dutzend Menschen, in weiße, mit roter Farbe beschmierte Bettlaken gehüllt, auf die Fahrbahn. Der zehnminütige Zwangsstopp bringt einige Autofahrer auf die Palme, sie kommentieren die Aktion mit einem Hupkonzert. Nach etwa zehn Minuten ist die Blockade der Fahrbahn vorbei, die Polizei kann sich darauf beschränken, die Aktion zu filmen. Dass sie nicht einschreiten muss, liegt auch daran, dass Winfried Engel ihre Aufgabe übernimmt. »Ich fordere euch auf, die Fahrbahn frei zu machen, und zwar sofort. Sonst werde ich ungemütlich«, herrscht er die Demonstranten per Megaphon an. Dabei schwärmt auch er später von den Protesten gegen den Golfkrieg 1991: »Das war unvergleichlich: Drei Tage der Jahnplatz blockiert, die Straßenbahnen standen links und rechts, das war eine sehr sympathische Stimmung.«

An den damaligen Krieg erinnert auch Tina Ellis in ihrer Rede auf dem Alten Markt. Ihr Mann war damals mit der britischen Armee am Golf. Sie schildert aus erster Hand »das wahre Gesicht dieses so genannten sauberen Krieges«. Sie erzählt von 16-jährigen britischen Soldaten, die auf Menschen schießen mussten, die zum Teil noch jünger waren als sie. Berichtet, dass die irakischen Schützengräben auf einer Länge von hundert Kilometern einfach überfahren worden sind: »Die darin befindlichen irakischen Soldaten sind zu Tausenden lebendig begraben worden, irakische Soldaten, die sich ergeben haben, wurden erschossen«. Sie erinnert aber auch daran, dass britische Soldaten mit unbekannten Medikamenten geimpft wurden, wovon viele von ihnen erkrankten. Gesundheitsschäden hätten sie auch durch das abgereicherte Uran in der Munition erlitten. Ein britischer Golfkriegsveteran habe inzwischen von Gerichten bestätigt bekommen, dass seine tödliche Erkrankung von der Munition herrührt. »Das britische Verteidigungsministerium geht immer wieder in die Berufung, bis der Veteran finanziell ausgeblutet ist«, empört sich die zierliche, blonde Frau. Auch sie geht davon aus, dass der Krieg nicht zu verhindern ist: »Während die UNO uns was vorgaukelt, werden hinter dem Rücken Brückenteile in die Region verschifft. Brückenteile braucht man nur, wenn man eine Invasion und eine Besetzung vorhat«, weiß sie aus der Erfahrung des letzten Krieges.

Aber wenigstens Deutschland sollte sich dem Krieg verweigern, von der Bundesregierung verlangt sie, den Luftraum über Deutschland zu schließen. Am Ende ihrer bewegenden Rede fordert Tina Ellis die Teilnehmer der Kundgebung auf, direkt vor den britischen Kasernen zu demonstrieren: »Die Soldaten sind die einzigen, die das Steuer noch herumreißen können. Es gab im Krieg 1991 Deserteure, die natürlich mit Konsequenzen zu rechnen haben. Aber diese Konsequenzen wie Gefängnis sind leichter zu ertragen als das, womit die Männer leben müssen, wenn sie aus dem Krieg zurückkehren.« Mit Konsequenzen meint sie nicht nur körperliche und seelische Verstümmelungen, über 180.000 Golfkriegsveteranen seien nach ihren Informationen heute tödlich erkrankt. Und nicht nur die Soldaten selbst seien betroffen, berichtet sie: »67 Prozent der nachgeborenen Golfkriegskinder haben leider nur ein kurzes Leben vor sich.« Die Soldaten wüssten das nicht. »Gehen sie vor die Kasernen und klären sie die Soldaten auf«, bläut Tina Ellis den Demonstranten ein. Der Applaus lässt vermuten, dass die dem Aufruf demnächst folgen werden.

Sie werden wahrscheinlich auch dem Aufruf Winfried Engels folgen: »Am Tag X, wenn es losgeht, sollten wir uns alle ganz spontan um 18 Uhr am Jahnplatz treffen und unseren Protest deutlich machen.« Einen Protest, der die, die Krieg wollen, kaum interessieren wird. Ob das auch deutsche Politiker sein werden, wird sich zeigen.

Infos: www.friedens-netzwerk.de und www.gegensaetze.de