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Horte mit Worte (Teil 2)



Deutsche und türkische Kinder zwischen drei und sechs Jahren spielen und lernen in der Kammerich-Kita gemeinsam. Auf zwei Etagen stehen ihnen Gruppenräume zur Verfügung, auch ein Turnraum. Insgesamt neun Erzieherinnen arbeiten mit ihnen und weiteren 20 Schulkindern zwischen sechs und elf Jahren, die vor und nach der Schule in der Kita betreut werden. Die Kita wirkt wie eine typische Kindereinrichtung in Deutschland. Eine gewisse pädagogische Ordnung ist sichtbar, die Kinder leben mit klaren Regeln. Beispielsweise dürfen nicht mehr als jeweils zwei Kinder einer Gruppe – die 45 Kindergarten-Kinder sind in zwei Gruppen unterteilt – ohne Begleitung einer Erzieherin in den Spiel-Garten. Die Stimmung ist aber entspannt. Die Kinder fühlen sich offensichtlich wohl. Sie werden beschäftigt oder beschäftigen sich selber und nutzen die besonderen Angebote, die ihnen die Erzieherinnen machen: Beispielsweise führt demnächst eine Bauchtanzgruppe von drei- bis sechsjährigen Mädchen ihre wackligen Künste auf. Grundsätzlich orientiert sich die Kita an dem Leitfaden der Stadt. Er besagt, dass Kitas einen Bildungsauftrag haben und gibt bereits den Kleinen Bildungsbereiche wie Naturwissenschaften und Medien vor, die sie spielerisch erfahren.

Umgangssprache in der Kita ist in der Regel deutsch. Auch wenn die zweisprachige Mitarbeiterin Yesim Mutluay-Yasar schon mal türkisch mit den Kindern spricht oder hier und da türkische Musik aus einem Kassettenrekorder klingt. Wenn türkisch gesprochen wird, dann um den Kindern Dinge zu erklären. »Wenn dreijährige Kinder neu in die Kita kommen, dann sind sie zunächst unsicher und verlassen«, sagt Claudia Riechert, Leiterin der Kita. Da hilft es den Kindern mit türkischem Migrationshintergrund, wenn sie eine Mitarbeiterin in türkisch anspricht. Die türkische Ansprache gebe Sicherheit und sei in den folgenden Jahren immer mal wieder nötig, um beispielsweise den Tagesablauf zu erklären.

Die 34 Kinder mit türkischem Migrationshintergrund im Kindergartenbereich der Kita Kammerich lernen die deutsche Sprache zunächst ganz natürlich in der täglichen Kommunikation mit den Kindern, die mit der Muttersprache deutsch aufwachsen. Diese alltägliche Kommunikation nennen die Pädagogen »Sprachbad«. Die Kinder tauchen in die Sprache ein und lernen sehr schnell. Die Wissenschaft fand heraus, dass es zwischen dem vierten und siebten Lebensjahr am leichtesten ist, eine Sprache zu erlernen. Dennoch hat das Sprachbad Grenzen: Gezielte Förderung durch die Erzieherinnen ist ebenso notwendig. Inzwischen setzt sich diese Erkenntnis immer mehr durch.

Jahrzehntelang geschah nichts in diese Richtung. In Bielefeld war Kammerich vor drei Jahren die erste Kita, die Sprachförderung gezielt anbot. Dazu wurde damals der Verein »Ich lerne deutsch« gegründet, der neben der Leiterin der Kammerich-Kita auch die Rektorin der Grundschule »Südschule« und die Kommunalpolitikerin der FDP, Marie-Luise Asemissen, angehören. In einer gemeinsamen Aktion ging man damals auf Sponsorensuche. Sie wurden gefunden und finanzieren bis die Sprachförderung in der Kita. Die Eltern zahlen lediglich einen Jahresbeitrag von 25 Euro für die Sprachförderung.