Webwecker Bielefeld: Teil 2

Teil 2: Tamara De Lempicka - Ein Leben für Dekor und Dekadenz



Das Besondere, Außergewöhnliche an der Künstlerin Tamara De Lempicka?
Sicherlich ihr auffällig perfekter Malstil. Es gelingt ihr im Stil der Vormoderne den Pinselstrich gänzlich unsichtbar werden zu lassen, eine handwerkliche Meisterleistung. Perfekte glatte, ebenmäßige Bildoberfläche, modernes, klares Motiv: eindeutige Raumaufteilungen, deutliche Begrenzungen, einfache, aber effektvolle Bildkompositionen. Tamara De Lempicka kombiniert klassischen Malstil und Moderne, sicherlich ein Grund für die einzigartige Wirkung ihrer Bilder. Für KunstkritikerInnen und -historikerInnen ein Problem, denn ihr Stil ließ sich nie eindeutig einordnen. Mal wird sie enerkennend dem Postkubismus zugerechnet, mal eher abwertend dem "Art-Deco". Tamara de Lempicka selbst wollte Schönes schaffen, Schönheit festhalten: "Zu Beginn meiner Karriere, sah ich mich um und erblickte nichts als die totale Zerstörung in der Malerei. Ich fühlte mich abgestoßen von der Banalität in der die Malerei abgeglitten war...Mich empörte das alles; ich war auf der Suche nach einem Metier, das nicht mehr existierte. Ich arbeitete sehr schnell und mit leichtem Pinselstrich. Mir ging es um ‚Technik, um handwerkliches Können, um Schlichtheit und guten Geschmack. Mein Ziel: Kopiere nie. Schaffe einen neuen Stil, helle freundliche Farben, und spüre in deinen Modellen die Eleganz auf." (aus: Gilles Neret, "Lempicka", Taschen-Verlag, 1999)

Und die Person Tamara De Lempicka? Talentierte, extravagante, eine schöne, auffallende Frau, eine extrovertierte Persönlichkeit.

Als Emigrantin, zwar nicht gerade mittellos, flieht sie mit Mann und Tochter vor den Bolschewisten (die sind ihr zeitlebens ein Greuel) nach Paris, eine Stadt, die ihr von ihren Reisen vertraut ist. Der realistische Vorschlag ihrer Schwester, sich Arbeit zu suchen, um den Lebensunterhalt zu sichern, empört sie zunächst. "Arbeiten soll ich? Und was? Sämtliche Großfürstinnen verdienten sich im Haus Chanel ihr Geld als Mannequins... aber die waren ja auch gertenschlank." Ihre Schwester Adrienne erinnert sie an ihr künstlerische Talent, und tatsächlich gelingt es der selbstbewußten und energiegeladenen Tamara De Lempicka sich in dem Metier als Senkrechtstarterin zu behaupten. Diese femme fatale das sprudelnde Paris der 20er Jahre im Sturm. sie erzielt mit ihren Bildern derart gute Preise, daß sie sich als unabhängige Frau ihren aufwendigen Lebensstil (Partys, Konzerte, elegante DesignerKleidung,..) leisten konnte. Sie steht (und auch dies zeitlebens) auf adelige Herkunft, Titel gehen ihr über alles, vielleicht heiratet sie auch deshalb in zweiter Ehe einen Baron?. Ein Relikt ihrer Herkunft: sie stammt aus großbürgerlicher, reicher Familie im vorrevolutionären Rußland: Manieren, Stil, wichtige Inhalte ihrer Erziehung. Ach typisch bourgois, sie tut, was ihr gefällt, läßt Konventionen außer Acht, hat zahlreiche Affären und Liebschaften. Sie lebt heftig, schnell, dennoch diszipliniert (immerhin muß sie ihren Aufträge erfüllen, muß sie malen). Wird ihr Anerkennung versagt, dann leidet sie, hat keine Kraft aufzustehen. Doch auch Tiefs, Depressionen überwindet sie immer wieder, eine starke Frau.