Webwecker Bielefeld: bieberstein01

»Linksfaschistische Menschenjäger« (26.11.2003)



An der Universität geht die Diskussion um Johannes Rogalla von Bieberstein weiter. Neben Kritik gibt es auch Unterstützung für den Bibliothekar, der die Vorlage für die Rede des Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann lieferte.

Nachdem bereits vor Wochen in der Mensa der Universität Flugblätter auslagen, die Johannes Rogalla von Bieberstein unterstützten, schaltete sich jetzt auch Ruth Römer, emeritierte Professorin der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft ,ein. In einem Schreiben an den Rektor der Universität, das dem WebWecker vorliegt, beklagt Römer, dass dieser seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinem Mitarbeiter Bieberstein nicht nachkomme, sondern mit Journalisten spreche, »die ihren Gossenjournalismus über die Universität Bielefeld und Herrn Rogalla von Bieberstein ergießen«.

Stattdessen habe der Rektor zugelassen, »dass linksfaschistische Menschenjäger sowohl in der Universität als auch in der Presse ... in einer Weise, die an die schlimmsten Jahre der deutschen Geschichte erinnert, über Herrn Dr. Rogalla von Bieberstein herfallen dürfen.« Der sei ein verdienter Wissenschaftler, mit »jahrzehntelangen Verbindungen zu nationalen und internationalen, auch jüdischen Zentren«, so die Professorin. Römer kritisiert auch, dass das Rektorat das Buch auf volksverhetzende Inhalte prüfte und fragt: »Welches Volk soll eigentlich verhetzt werden, und gegen welches Volk soll sich die Hetzte richten?«

Gegen keines, ergab die Überprüfung. Sie hat ergeben, »dass der Text keine Passagen enthält, die ein dienstrechtliches Vorgehen gegen den Verfasser geboten erscheinen lassen«, heißt es in einer Pressemitteilung des Rektorats. Dies bedeute jedoch keine Billigung des Buchinhalts. »Das Rektorat distanziert sich vor allem von jedem Gedankengut, das den Eindruck erwecken kann, dass Vorgänge in Russland, an denen Menschen jüdischer Herkunft beteiligt waren, mit dem nationalsozialistischen Genozid gleichzusetzen seien oder ihn gar nachvollziehbar machen«, erklärt das Rektorat.

Kritik an Biebersteins Buch »Jüdischer Bolschewismus � Mythos« und Realität« übt auch die Fachschaft Soziologie. »Wissenschaftliche Meinungsfreiheit kann und darf nicht bedeuten, dass unter dem Deckmantel der Wissenschaft geschichtsrevisionistische und/oder antisemitische Thesen vertreten und verbreitet werden«, so die Studierenden in einer Stellungnahme. In der stellen sie auch klar, dass es ihnen nicht um eine Diffamierung der Person geht, der Forderung nach Entlassung Biebersteins, wie sie der Allgemeine Studierendenausschuss AStA stellte, schließen sie sich ausdrücklich nicht an. Die Nachwuchssoziologen, deren Bibliothek von Bieberstein betreut wird, kritisieren aber auch das Verhalten des Rektorats: »Auf der anderen Seite halten wir ein Totschweigen der Diskussion aufgrund der Thematik und der Schwere der Anschuldigungen ebenfalls für nicht angemessen«, heißt es in der Stellungnahme.