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»Nicht zu den üblichen Marktbedingungen« (10.12.2003)



Der »Bielefelder Arbeitskreis Soziale Verantwortung« wendet sich in einem offenen Brief an die Bielefelder SozialpolitikerInnen der CDU, BfB, SPD und Grüne. Thema: Die Einführung gemeinnütziger Arbeit

In der Sozialausschuß-Sitzung am Mittwoch, 10. Dezember, soll das Konzept beschlossen werden. Es sieht vor, dass SozialhilfeempfängerInnen in bestimmten Bereichen arbeiten, so zum Beispiel bei der Parkpflege oder im Hausmeisterbereich. Die CDU und die BfB schlagen in einem gemeinsamen Antrag sogar vor, SozialhilfeempfängerInnen in Bereichen einzusetzen, in denen bisher Zivildienstleistende arbeiten. Mit dem Konzept, das in seinem Grundzügen parteiübergreifend von allen Ratsfraktionen unterstützt wird, will man einem Teil der gut 19.000 Bielefelder SozialhilfeempfängerInnen den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben erleichtern.

In dem CDU-BfB Antrag steht auch, dass »Aufgaben nicht zu üblichen Marktbedingungen erledigt werden« dürfen, um Konkurrenz mit der Privatwirtschaft zu vermeiden. Damit ist klar: Die arbeitenden SozialhilfeempfängerInnen werden keinen regulären Lohn erhalten, sondern weiter die sogenannte »Hilfe zum Lebensunterhalt« plus einer Mehraufwandsentschädigung von circa einem Euro in der Stunde. Die beiden Fraktionen wollen über den aktuellen Antrag hinaus ein »Bielefelder Konzept zur Schaffung eines Niedriglohnsektors« entwickeln.

In dem Antrag der beiden regierenden Fraktionen werden die Maßnahmen auch begründet: Wer Leistungen von der Gemeinschaft beziehe, müsse auch bereit sein, Leistungen für die Gemeinschaft zu erbringen. Doch der »Bielefelder Arbeitskreis Soziale Verantwortung«, dem unter anderem die IG-Metall Jugend, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt und die Sozialberatungsstelle »Widerspruch« angehören, ist mit dem Konzept nicht einverstanden.

In einem Brief stellt der Arbeitskreis Fragen. Zum Beispiel, ob den PolitikerInnen bewusst sei, dass die geplanten Arbeitsgelegenheiten in der Größenordnung von 1.300 Maßnahmen eine Konkurrenz zum bestehenden Arbeitsmarkt darstellen. Der Arbeitskreis merkt darüber hinaus an, dass die geplanten Arbeitsgelegenheiten keine berufliche Perspektive für die Betroffenen darstellen: »Wohin soll eine gemeinnützige Küchenhelferin integriert werden, wenn die Küchenhelfer-Arbeitsplätze in den sozialen Einrichtungen in gemeinnützige Arbeitsplätze umgewandelt werden?« Der Arbeitskreis bezweifelt, dass die geplanten Arbeitsgelegenheiten zur Integration in das Erwerbsleben beitragen, zugleich würden einfache Arbeitsplätze noch vernichtet.

Der Arbeitskreis äußert den Verdacht, dass die Stadt die steigenden Sozialhilfeausgaben mit diesem Programm deckeln will: Denn wer eine zugewiesene Arbeitsgelegenheit verweigere, werde mit der Einstellung von Sozialhilfe sanktioniert.


Den offenen Brief mit allen Fragen können Sie hier als
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